Ackerwildkräuter
Einleitung
In den Sommermonaten fallen an den Feldrändern immer wieder herrlich anzusehende Blumen auf. Häufig handelt es sich dabei um Ackerwildkräuter wie Kornblume, Klatschmohn oder Kamille. Es sind Pflanzen, die ihren Verbreitungsschwerpunkt nahezu ausschließlich auf Äckern und Weinbergen haben und als Segetalarten (lat. seges, segetes: die Saat, das Saatfeld) bezeichnet werden. Sie waren durch viele Jahrhunderte allgegenwärtige Begleiter der Nahrungsmittelproduktion auf den Äckern. Etwa drei Viertel aller in Deutschland vorkommenden Ackerwildkrautarten sind erst mit dem Getreideanbau nach Mitteleuropa eingewandert und haben die dortige Flora bereichert.
Unter ökologischen Aspekten handelt es sich bei den Segetalpflanzen um Arten, die zusammen mit den Nutzpflanzen auftreten und in ihrer Lebensweise und ihren Standortansprüchen dem Bewirtschaftungsrhythmus der Kulturarten angepasst sind. Sie sind so eng an die Bearbeitung des Ackers und die angebauten Feldfrüchte gebunden, dass sie durch Arten aus anderen Lebensräumen ersetzt werden, wenn die Bearbeitung eingestellt wird.
Beispiele von Ackerwildkräutern:
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Gefährdung
Das Streben nach Ertragsmaximierung in der landwirtschaftlichen Produktion und die daraus resultierende Perfektionierung der Unkrautbekämpfung mit Herbiziden sowie die Aufgabe oder Umwandlung ackerbaulicher Grenzertragsstandorte führten in den letzten Jahrzehnten zu einem immer stärkeren Artenschwund in den Agrarökosystemen. Heute steht jede zweite Ackerwildkrautart in mindestens einem Bundesland Deutschlands auf der Roten Liste gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen (Hofmeister & Garve 2006).Für viele Tierarten, die direkt oder indirekt auf Ackerwildkräuter als Nahrungsquelle angewiesen sind, bietet die „Nektarwüste Getreidefeld“ keinen Lebensraum mehr. Entsprechend stark zurückgegangen ist auch die Vielfalt der Tiere der Äcker.
Während früher von blühenden Wildkräutern durchsetzte Ackerflächen in jeder Feldflur zu finden waren, sind die heutigen Ackerflächen oftmals nahezu frei von Arten der Segetalflora und -fauna.
Über die chemische Unkrautbekämpfung hinaus haben Saatgutreinigung, verbesserte Bodenbearbeitung, die Aufkalkung saurer, die Aufdüngung nährstoffarmer, die Drainage feuchter Standorte, ein zeitiger Stoppelumbruch und die Aufgabe/Umwandlung von peripheren ertragsschwachen Ackerstandorten zur drastischen Abnahme der Artenvielfalt auf den Feldern wesentlich beigetragen.
In mitteleuropäischen Regionen mit guten Böden und intensiv betriebenem Ackerbau mit einseitigen Fruchtfolgen, hoher Düngung und Herbizideinsatz finden sich nur noch wenige Ackerwildkrautarten, die sich an „moderne“ Bewirtschaftungsmethoden angepasst haben. Nicht selten gelangen diese Arten zur Dominanz und werden zu so genannten „Problemunkräutern“.
Darüber hinaus wurden besonders in Mittelgebirgen, aber auch auf ertragsarmen Sandstandorten, zunehmend Felder „stillgelegt“. Von Brachfallen oder der Umwandlung in Grünland waren gerade solche Ackerstandorte betroffen, die oft traditionell extensiv bewirtschaftet wurden und so letzte Rückzugsgebiete bedrohter Arten darstellten.
Durch das Ausbleiben der Bodenbearbeitung haben einjährige Arten, die jedes Jahr nach erfolgter Bestellung des Feldes neu ihren Vegetationszyklus durchlaufen, keine Entwicklungsmöglichkeit mehr. Aktuell werden viele dieser Standorte wieder in Bewirtschaftung genommen; der hier zunehmend betriebene Anbau von „Energiepflanzen“ (Mais-Monokulturen) bietet jedoch aufgrund seiner Bewirtschaftungsintensität keine Perspektiven für den Erhalt seltener Ackerwildkräuter.
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Schutz
Bestrebungen zum Ackerwildkrautschutz gibt es in Deutschland seit den 1950er Jahren, nachdem interessierten Botanikern das zunehmende Verschwinden der Ackerbegleitflora nahezu in ganz Deutschland aufgefallen war. Vielfältige Versuche wie das Einrichten von Feldflorenreservaten oder die besondere Förderung ungespritzter Ackerrandsteifen konnten den fortschreitenden Niedergang der Segetalflora bisher jedoch nicht aufhalten. Im Jahr 2004 wurde in Folge eines Botanikertreffens in Karlstadt das „Karlstadter Positionspapier zum Schutz der Ackerwildkräuter“ erarbeitet, das eine Bilanz zieht und konkrete Forderungen stellt (Van Elsen & al. 2006).Grundvoraussetzung für einen nachhaltigen Schutz der Ackerbegleitflora ist eine langfristige Finanzierung der Schutz- und Fördermaßnahmen. Ohne eine entsprechende Honorierung sind Landwirte heutzutage kaum noch von Bewirtschaftungsformen zu überzeugen, die den Segetalarten in ausreichendem Umfang den erforderlichen Lebensraum bieten. Entsprechende Agrarumweltmaßnahmen existieren nicht in allen Bundesländern, sind finanziell oft nur gering untersetzt und von kurzer Laufzeit (i. d. R. 5 Jahre).
Es ist also entsprechende Kreativität bei den Akteuren des Segetalartenschutzes gefragt. So wird gegenwärtig erprobt, inwieweit sich im Rahmen der Eingriffsregelung praktische Maßnahmen des Ackerwildkrautschutzes langfristig (in der Regel bis 25 Jahre) etablieren lassen. Mit dem vorliegenden Leitfaden sollen an ausgewählten Beispielen sowohl die Chancen als auch die Grenzen für einen erfolgreichen Schutz der Ackerbegleitflora aufgezeigt werden.
Leicht veränderter Auszug aus: Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL) e. V. (2010): Ackerwildkräuter schützen und fördern – Perspektiven einer langfristigen Finanzierung und Bewirtschaftung. – DVL Schriftenreihe „Landschaft als Lebensraum“ 18: 46 S. |
Für mehr Informationen lesen Sie bitte weiter unter: Veränderungen der Ackerwildkrautflora.