Quelltext der Seite Borstenwürmer (Polychaeta), Familienschlüssel (Rainer Borcherding, DJN)

{{Autorenschlüssel
 | Formatierter Haupttitel = Borstenwürmer (Polychaeta), Familienschlüssel
 | Formatierter Untertitel =  (Rainer Borcherding, DJN)
 | Autor = Rainer Borcherding
 | Zitiervorschlag = Rainer Borcherding (1992). Borstenwürmer (Polychaeta), Familienschlüssel. Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung. Originalpublikation (mit zahlreichen Zeichnungen): Rainer Borcherding (1992): Borstenwurmbestimmungsschlüsselgedicht. - [http://www.naturbeobachtung.de/publikationen/nabei Naturkundliche Beiträge des DJN] (25): pp. 27-34. Online-Version unter: {{UmbruchErmöglichen|URL=http://offene-naturfuehrer.de/web/Borstenwürmer_(Polychaeta),_Familienschlüssel_(Rainer_Borcherding,_DJN)}}. 
 | Offene Version = 
 | Arbeitsgruppe = [[File:Logo-DJN-Ring_transp.png|link=http://www.naturbeobachtung.de|120px|right|Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung]]Dieser Schlüssel wird vom Deutschen Jugendbund für Naturbeobachtung (DJN) zur Verfügung gestellt. Der DJN ist ein unabhängiger, unhierarchischer und ehrenamtlicher Jugend-Umweltverband, der sich vor allem der Naturkunde und dem Naturschutz verschrieben hat. Besucht bitte auch die Webseite '''[http://www.naturbeobachtung.de naturbeobachtung.de]'''! Der DJN organisiert z.B. viele Treffen, Seminare, oder Sommerlager und vertreibt zu geringen Kosten gedruckte Bestimmungsschlüssel.
}}{{ZITATFORMAT Kapitälchen}}

<br/><b>Triffst du einen Wurm mit echtem Coelom <br/>
und einem Körper geteilt in Ringe<br/>
benutz' diesen Schlüssel, der dichotom,<br/>
und kläre die folgenden Dinge:</b>


{{Key Start
 | title = Borstenwurmfamilienbestimmungsschlüssel
 | common names = 
 | parent taxon = Polychaeta
 | collapsed = 0
 | creators = Rainer Borcherding
 | geoscope = Deutschland
 | category = Fauna (Schlüssel), Gedicht
 | source = 
 | status = Fertig
 | collaboration limited to = Rainer Borcherding & DJN 
 | general review by = 
 | nomreview by = 
 | expert review by = 
 }} 
{{Lead | 1 a  | Dick, plump und gehüllt in ein stacheliges Fell,<br/>ist einzig die Seemaus, mensch kennt sie sehr schnell | result = Aphroditidae}}
{{Lead | 1 b | Statt Pelz sind Borsten, Fäden, Schuppen am Tier?<br/>Nimm Nummer 2, das rat ich dir! | 2}}
{{Lead | 2 a | Bei Schuppenwürmern wird stets glücken,<br/>zu sehen die Schuppen auf ihrem Rücken. | result = Polynoidae}}
{{Lead | 2 b | Keine Schuppen? Einerlei!<br/>Weiter geht’s bei Ziffer drei.  | 3}}
{{Lead | 3 a | Wenn gefiederte Tentakeln das Antlitz bedecken,<br/>sollte man ihn unter Viertens entdecken | 4}}
{{Lead | 3 b | Keine Fiedertentakeln? Das ist dumm,<br/>Suchen wir mal weiter rum! | 5}}
{{Lead | 4 a | Eine kalkige Röhre, die sehr stabil,<br/>schützt den Wurm – wir sind am Ziel. | result = Serpulidae}}
{{Lead | 4 b | Die Röhre ist sandig oder weich?<br/>Auch dann sind wir am Ziel sogleich. | result = Sabellidae}}
{{Lead | 5 a | Der Schwanz ist nackt und baumelt rum,<br/>am Kopf ist das Operculum:<br/>Ein Deckel zum Schließen der Sandwohnröhren,<br/>die die Fischer mit ihren Netzen zerstören. | result = Sabellariidae}}
{{Lead | 5 b | Alle abfolgenden Arten augenscheinlich andersartig aussehend. | 6}}
{{Lead | 6 a | ein Köcher aus Sand, gebaut mit viel Fleiß,<br/>sieht aus wie ein Joint – äh, 'ne Waffel aus Eis. | result = Petinariidae}}
{{Lead | 6 b | Kein Köcherwurm? Nun, dann wird’s hart.<br/>Uns bleibt heut' auch nichts erspart! | 7}}
{{Lead | 7 a | Das Tierchen trägt an seinem Kopf<br/>aus langen Tentakeln einen Schopf | 8}}
{{Lead | 7 b | Nur Hörner, Fühler, Borsten oder Glatze?<br/>Ziffer Neun ist dann am Platze! | 9}}
{{Lead | 8 a | Die Tentakeln, die nur am ersten Segment,<br/>sind ums Bäumchen gewickelt und fischen behend'. | result = Terebellidae}}
{{Lead | 8 b | Tentakelfäden auch am Körper entlang?<br/>''Tharyx'' kann leuchten in seinem Gang! | result = Cirratulidae}}
{{Lead | 9 a | Nie deutliche Fransen an Prostomium oder Kopf;<br/>Ziffer 10, du armer Tropf!<br/>Manch eine/r wird dies' Merkmal verfluchen,<br/>doch war's mir nicht möglich, ein bess'res zu suchen. | 10}}
{{Lead | 9 b | Kopfanhänge kann mensch gut seh'n?<br/>Weiter geht’s bei sieben-zehn. | 17}}
{{Lead | 10 a | Segmente lang und Knoten dick?<br/>Ein „Bambus-Wurm“ ist's, welch ein Glück! | result = Maldanidae  Oweniidae}}
{{Lead | 10 b | Falls diese Merkmale nicht zutreffend sind<br/>Geh'n wir im Schlüssel weiter geschwind. | 11}}
{{Lead | 11 a | Ein dickes Vieh, schwarzgrün bis braun,<br/>es tut im Watt die Häufchen bau'n.<br/>Jungtiere, welche oft hellfarbig sind,<br/>verrät der borst-freie Schwanz geschwind.  | result = Arenicolidae}}
{{Lead | 11 b | Der Wurm ist hell gefärbt bis mittel?<br/>Nicht leicht wird’s nun im letzten Drittel. | 12}}
{{Lead | 12 a | Fortsätze sind am Tier kaum zu erkennen,<br/>und der Körper ist dünn und lang;<br/>eine schillernde Haut tut er sein eigen nennen.<br/>Tief darunter im Schlick ist sein Gang. | result = Lumbrineridae}}
{{Lead | 12 b | Obiger Vierzeiler trifft nicht zu?<br/>Weiter ohne Rast und Ruh! | 13}}
{{Lead | 13 a | Sekundäre Ringelung hat das Tier,<br/>dies vervielfacht die Ringzahl ×3 bis ×4. | 14}}
{{Lead | 13 b | Sieht man je Ring ein Borstenbusch-Paar<br/>ist die Bestimmung noch nicht so ganz klar | 15}}
{{Lead | 14 a | Ein langerWurm mit spitzem Kopf:<br/>''Glycera'', so heißt der Tropf | result = Glyceridae}}
{{Lead | 14 b | Kurz und plump mit hohlem Bauch<br/>('nen spitzen Kopf hat dieser auch) | result = Opheliidae}}
{{Lead | 15 a | Flach, fest und glänzend mit gestutztem Haupt,<br/>durch Kalk im Gewebe stark, dass man es kaum glaubt. | result = Nephthyidae}}
{{Lead | 15 b | Nicht quirlig und kräftig, eher lang und dünn?<br/>Bei 16 kommen wir langsam hin.  | 16}}
{{Lead | 16 a | Keine Füßchen – ferner ist das rote Tier<br/>vorne rundlich oder hat der Kanten vier. | result = Capitellidae}}
{{Lead | 16 b | Gebogene Kiemen hinten am Rücken,<br/>Borsten die Kiemen recht kräftig bestücken. | result = Orbiniidae}}
{{Lead | 17 a | In partes tres omnia animal divisa est,<br/>dies trennt ihn ab vom ganzen Rest. | result = Chaetopteridae}}
{{Lead | 17 b | Ein Mittelteil ist nicht zu sehen<br/>bei allen, die nachfolgend stehen. | 18}}
{{Lead | 18 a | Hinten 12 Paar Haken, vorn zwei Dutzend Füße,<br/>Vorderkörper meist verdickt – sag' ihm schöne Grüße. | result = Ampharetiae}}
{{Lead | 18 b | Sehr viel öfter wird man seh'n,<br/>die, die unter 19 steh'n. | 19}}
{{Lead | 19 a | Zwei Hörner wie ein Ziegenbock,<br/>nur fall'n sie manchmal ab im Schock. | 20}}
{{Lead | 19 b | Keine Hörner (oder Narben),<br/>aber manchmal bunter Farben. | 21}}
{{Lead | 20 a | Vier Augen, Körper einheitlich<br/>(Agenten sind sie sicher nich). | result = Spionidae}}
{{Lead | 20 b | Kurzsteckbrief der Magelone:<br/>Kopf: geplättet; Augen: ohne. | result = Magelonidae}}
{{Lead | 21 a | Kaliber 3 mm und mehr – <br/>sie sind zwar schlank, doch nicht zu sehr. | 22}}
{{Lead | 21 b | Ein Millimeter und mehr nich – <br/>so dünn ist fast schon kümmerlich<br/>(wobei stets zu bedenken ist,<br/>ob's nicht ein Jungtier, das man misst!). | 24}}
{{Lead | 22 a | Am Kopf sind Palpen, die geteilt:<br/>der Wurm beißt oft, eh' er enteilt. | result = Nereidae}}
{{Lead | 22 b | Die Palpen sind nie zweigliedrich<br/>die Kiefer nicht so fürchterlich. | 23}}
{{Lead | 23 a | Sieben Tentakeln vorne am Kopf – <br/>obwohl es so viele sind niemals als Zopf! | result = Onuphidae}}
{{Lead | 23 b | Fünf Tentakeln sind schneller zu zählen,<br/>nun braucht man das Würmchen nicht weiter zu quälen. | result = Eunicidae}}
{{Lead | 24 a | Eine Antenne ragt geradeaus,<br/>der Kopf sieht etwas komisch aus. | result = Paraniodae, Aricidae}}
{{Lead | 24 b | Kein Einhorn aus dem Märchenwald?<br/>Jetzt kommt die Lösung aber bald! | 25}}
{{Lead | 25 a | An jedem Fuß sind Paddel-Cirren<br/>gut zu seh'n, mensch kann kaum irren. | result = Phyllodocidae}}
{{Lead | 25 b | Die Cirren sind schlank, oft geringelt, nie platt?<br/>Gut, dass dies' Drama nun ein Ende hat!  | result = Syllidae}}
{{Key End}}

Kein passender Name gefunden am Schluss?<br/>
Das heißt wohl, dass es ne Entdeckung sein muss!<br/>
Wenn Du es nun schnell veröffentlichst<br/>
denk daran, dass Du später vielleicht zu Dir sprichst:
: Si tacuisses<br/>philosophus mansisses
Also versuch' es lieber gleich noch mal von vorn!


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[[Datei:Nereis succinea (epitoke).jpg|thumb|200px|Epitokstadium von ''Nereis succinea'']]
Was wäre das Watt ohne die Würmer, die mit ihrer Verdauung die Landschaft prägen und unter Aufopferung ihres Lebens Millionen von Vögeln und Fischen anlocken? Eben.

Mit etwa 60 Arten und unermesslichen Individuenzahlen ist die Ordnung der Borstenwürmer (Polychaeten) eine der bedeutendsten Tiergruppen im Wattenmeer.

Leider ist die Bestimmung dieser Tierchen aber sehr aufwändig, da als Merkmale die Borsten und Scheinfüßchen (Parapodien) heranzuziehen sind. Dies erfordert fast immer das Töten der Tiere und die Anfertigung mikroskopischer Präparate. Um trotzdem einen kleinen Einblick in diese interessante Tiergruppe zu ermöglichen, werden in diesem Schlüssel nur Merkmale benutzt, die auch am kompletten Wurm erkennbar sind ( 20-40-fache Vergrößerung erforderlich!). Selbst die Ansprache der Familien ist aber auf diese Weise gelegentlich unsicher, und der Schlüssel gilt auch nur für die südliche Nordsee und die westliche Ostsee.

Wer sich ernsthaft mit Polychaeten beschäftigen möchte greife auf das hervorragende Buch von Frau {{smallcaps|Hartmann-Schröder}} zurück. 

Zu diesem Schlüssel:
* Das Coleom wäre unmöglich in den Innereien zu finden, wird hier aber der zoologischen Vollständigkeit halber und des Reimes wegen genannt.
* Würmer mit Borsten und Körperanhängen sind bei uns fast immer Polychaeten.
* Beschädigungen der Würmer können zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung führen. Spionidae (19/20) werfen bei Stress oft ihre Hörner ab und sind dann schwer erkennbar. Auch Schwanzenden reißen leicht ab, was z.B. bei ''Sabellaria'' (5) und bei Wattwurm (11) Unklarheiten verursachen kann. Ermordete Schuppenwürmer (2) verlieren oft ihre Elytren (Rückenschuppen). 
* Kopfanhänge (9) sind bei Opalwurm (15) und Glyceridae (14) bei genauerer Betrachtung durchaus zu finden, sie sind aber nicht deutlich.
* Die Dicke (21) ist natürlich ein sehr windiges Merkmal wenn mensch an Jungtiere denkt, aber gerade die sehr häufige Gattung ''Anaitides'' (Phyllodoce) fällt schon im Freiland durch ihre extreme Schlankheit auf. Zur Absicherung betrachte mensch die Körperanhänge.
* Zu guter Letzt sei der oft gewaltige ausstülpbare Rüssel genannt, der die Kopfform bei flüchtiger Betrachtung bei Alkoholleichen z.T. Stark verändert erscheinen lässt. Ausgestülpt gezeichnet ist er hier bei Glyceridae (14), Nephthyidae (15), ''Magelona'' (20) und ''Nereis'' (22).
* Zu finden sind Borstenwürmer im Freiland am einfachsten durch Ausspülen von Bodenproben in einem Sieb mit 0,5 mm Maschenweite. Auch unter Muschelbänken und Steinen sind manche Arten anzutreffen.

Abschließend eine Auswahl der (im Wattenmeer) häufiger anzutreffenden Arten, die allein mit der Grabforke (ohne Sieb) zu finden sind:
<table class="wikitable">
<tr><td>2a </td><td>Schuppenwürmer (Polynoidae)</td><td>an Muschelbänken</td></tr>
<tr><td>4a</td><td> Dreikantwurm (''Pomatoceros'')</td><td>auf Treibgut</td></tr>
<tr><td>6a </td><td>Köcherwurm (''Pectiaria'')</td><td>Röhren am Strand angespült</td></tr>
<tr><td>11a </td><td>Watt-/Pierwurm (''Arenicola'')</td><td>landschaftsprägend</td></tr>
<tr><td>15a </td><td>Opalwurm (''Nephthys'')</td><td>des Öfteren einzeln im Wattboden</td></tr>
<tr><td>16a+b </td><td>„Gummibandwürmer“ (''Scoloplos, Heteromastus'')</td><td>zahlreich im Boden, rot und dehnbar</td></tr>
<tr><td>19a </td><td>''Pygospio''</td><td>in dünnen Sandröhren, die mitunter massenweise frei- oder angespült werden</td></tr>
<tr><td>22a </td><td>Wattringelwurm (''Nereis diversicolor'')</td><td>häufig; dunkler Rückenstrich</td></tr>
<tr><td></td><td>Meerringelwurm (''N. virens'')</td><td>im April massenhaft angespült; wir bis 80 cm lang(!!), grün und bissig</td></tr>
<tr><td>25a </td><td>Aaswurm (''Anaitides'')</td><td>sehr häufig, besonders an Aas; oberflächlich kriechend des Öfteren anzutreffen</td></tr>
</table>


[[File:Tomopteriskils.jpg|thumb|right|''Tomopteris'']]
::„Gestatten: ''Tomopteris'',
::ich bin Freischwimmer.
::Der Sand wär mir Hindernis,
::ich schwimme immer.
::Da ich im Schlüssel nicht genannt
::obwohl ich mit dem Rest verwandt
::darf ich das letzte Wort hier sagen:
::Bestimmt mal schön, und
::nie verzagen!
::Tschüüss!“



==Literatur==
{{smallcaps|Anonymus}}: „A Polychaete primer“. Undatierte Kopien aus der Separatensammlung von Karsten Reise, List/Sylt

{{smallcaps|Hartmann-Schröder, G.}} (1917): Die Tierwelt Deutschlands, 58. Teil: Annelida, Borstenwürmer-Polychaeta. VEB Gustav Fischer Verlag Jena.

{{smallcaps|Fauchwald, K.}} (1977): The Polychaete Worms, Science Series 28, Natural History Museum of Los Angeles County.