Die Etelmutter zu Schneiſingen (Schweizersage)
Im Oberholze von Schneiſingen findet ſich ein rund ausgemauertes Loch im Boden, das der Reſt eines alten Thurmes zu ſein ſcheint. Es iſt ſo tief, daß man hinein geworfene Steine drunten nicht wieder auffallen hört. Die Heiden haben es vormals bewohnt; es war ihr Schatzhaus. Sie ſind fortgewandert oder ausgeſtorben, und nur die Etelmutter allein iſt übrig geblieben. Dieſe geht eigenthümlich gekleidet in einem rothen Rocke einher und verfährt mit den Holzdieben, die ſie betrifft, ſo barſch, als ob der ganze Gemeindewald ihr gehöre. Zum Schutze gegen dieſes gefürchtete Weib hatte ein Schneiſinger-Holzfrevler ein Muttergottesli in den Sack geſteckt, eines jener gebrannten kleinen Thonbildchen, wie die Wallfahrer, duzendweiſe um einen Kreuzer in Einſiedeln kaufen, und gieng damit im Walde ſeinem Diebſtahl nach. Die Etelmutter konnte ihm diesmal zwar nichts anhaben, aber doch trat ſie ihm drohend entgegen und ſagte höhniſch: »Wenn der Mann das Herz verliert, nimmt er ſich eine irdene Frau!« Diesmal fand der Angeredete auch den Wohnplatz der Alten und hat ihn ſpäter einmal ſeinen Buben gezeigt; es iſt ein Fleck unter einer breiten Fohre, der ſo beſonders ſauber gekehrt iſt, daß nicht eine Waldnadel oder ein Steinchen drauf liegt.
Etelmutter heißt Großmutter, daſſelbe was hier in No. 436 und in Grimms KM. 1, 152. 2, 188 des Teufels Ellermutter ift. Etter, ableitend von Atto, Großatt, bedeutet auch Vatersbruder und Vetter. Stalder 1, 115. Der Etelmutter Wohnplatz vergleicht ſich der Reinlichkeit der Geiſterwohnung, von der in Abthl. IV, No. 169, Schatzhöhle bei Bellikon, die Rede iſt.
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