(Bild: Arno Littmann, JKI)
Agrostemma githago L. (= Lychnis githago), die Kornrade, gehört zur Familie der Caryophyllaceae (Nelkengewächse). Der englische Name ist Corn Cockle. EPPO-Code AGOGI.
Die Kornrade wuchs früher häufig auf unseren Feldern, vor allem im Roggen, im Korn. Sie ist ein so genannter Archäophyt, der mit Beginn des Ackerbaus im vorderen Orient auf die Felder gewandert ist und dann nach Mitteleuropa kam. Seit der Einführung der Windsiebung des Saatgutes in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist die Kornrade nach und nach aus unseren Feldern verschwunden. Der Samen ist etwa gleich groß wie Getreide, normale Siebung entfernt die Kornradesamen daher nicht, aber er ist wesentlich leichter und kann mit einem Luftstrom ausgesiebt werden. Landwirte sind darüber nicht traurig, denn der Samen ist saponinhaltig und giftig, siehe Datenblätter der Universität Zürich und konnte die Ernte ruinieren.
Aber die Kornrade sieht sehr schön aus und war Blume des Jahres 2003. Sie kommt heute in Deutschland wenig oder selten vor, sie ist vom Aussterben bedroht. Nach Nordamerika wurde sie von den europäischen Einwanderern verschleppt, ebenso nach Australien und Neuseeland. Im Norden kommt sie bis zum Polarkreis vor, nur wenig noch weiter nördlich. Die Kornrade gedeiht gut auf nährstoffreichen Böden. Sie braucht frisch gepflügte Felder zum Keimen. Der schwarzbraune Samen ist nur wenige Monate keimfähig.
Die ein-, selten zweijährige Kornrade keimt meistens im Herbst und überwintert als Rosette mit nur wenigen Blättern. Sie kann über 1 m hoch werden. Die Stängel sind nur im oberen Bereich verästelt. Die Blätter sind für Nelkengewächse typisch linealisch spitz mit kräftigem Mittelnerv und grau behaart. Die 2-Euro großen Blüten stehen einzeln und endständig und haben spitze, schmale Kelchblätter, die 5 mm lange Haare aufweisen. Die Kornrade reift gleichzeitig mit dem Getreide ab. Die Samenkapsel öffnet sich schwer und eigentlich nur beim Dreschen.
Untersuchungen der Biologischen Bundesanstalt (heute Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen JKI) in Elsdorf, Nordrhein-Westfalen, aus den achtziger Jahren zeigen, dass Rübenzystenälchen erfolgreich mit der Kornrade bekämpft werden können, da sie die Älchen zum Schlupf aus den Zysten bewegt, in denen diese überdauern, ohne ihnen jedoch Überlebensmöglichkeiten zu geben: Sie sterben ab. Der Besatz mit diesem Schädling nimmt daher im Boden ab. In Zuckerrübengebieten kann man daher manchmal ganze Felder mit Kornrade als Zwischenfrucht sehen. Eine Sorte, Asko, wurde 1999 zugelassen. Allerdings gibt es jetzt neue Zuckerrübensorten, die gegen das Rübenzystenälchen widerstandfähig sind. Dann sät der Landwirt natürlich lieber eine Ertrag und Einkommen bringende Pflanze und nicht die Kornrade.
| Ausgewachsene Pflanzen können mehr als ein Meter hoch werden. (Bild: Arno Littmann, JKI) |
| Heute sieht man die Kornrade nur noch in Gärten und in angesäten Blumenwiesen. (Bild: W.Wohlers, JKI) |
| Die Pflanze ist dicht und lang behaart. (Bild: W.Wohlers, JKI) |
| Auch die Blattunterseite ist behaart. (Bild: W.Wohlers, JKI) |
| Die Blätter können unten an der Pflanze 16 cm lang sein. (Bild, W. Wohlers, JKI) |
| Eine große Knospe kurz vor dem Aufblühen und eine zweite, kleine in der Blattachsel. (Bild: W.Wohlers, JKI) |
| Lange und kurze Haare an den Kelchblättern. (Bild: W.Wohlers) |
| Die eng an den Kelchblättern anliegenden Haare bestehen aus mehreren Zellen. (Bild: W.Wohlers) |
| Bei einigen der kurzen Haare ist deren basale Zelle zu erkennen. Darüber knickt das Haar nach oben ab. (Bild: W.Wohlers) |
| Die Kronblätter entrollen sich. (Bild: W.Wohlers, JKI) |
| Von der Seite gesehen bilden die sich öffnenden Kronblätter eine Tüte. (Bild: W. Wohlers) |
| Weiter öffnet sich die Blüte nicht. (Bild: W. Wohlers) |
| Die Antheren erscheinen als erstes, hier besetzt mit Pollen. (Bild: W.Wohlers) |
| Die Antheren sind anfangs violett, wie an den beiden hinteren noch zu sehen ist. (Bild: W.Wohlers, JKI) |
| Die Pollen sind anfangs dunkel violett. (Bild: W.Wohlers) |
| Die Pollen verblassen sehr schnell. (Bild: W.Wohlers) |
| Die leeren Antheren sind rosa, hier mit einem kleinen Thrips. (Bild: W.Wohlers) |
| Die lang behaarten Narben erscheinen nach den Antheren. (Bild: W.Wohlers) |
| Die Narben sind mit offensichtlich steifen Haaren besetzt, die leicht abbrechen, außerdem mit kurzen kompakten Haaren. (Bild: W.Wohlers) |
| Manchmal haben die Blüten ein helles Lila, aber sehr selten. Es gibt eine silbrig weiße Gartensorte in Australien: Ocean Pearl. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Verblüht; die Blütenblätter rollen sich ein. (Bild: W. Wohlers) |
| Die Samenkapsel wird etwa 2 cm lang und schwillt zur Reife stark an. (Bild: Arno Littmann, JKI) |
| Die langen Kelchblätter öffnen sich. (Bild: W. Wohlers) |
| Die Kapsel ist noch grün, die Spitzen der Kelchblätter sind gespreizt. (Bild: W. Wohlers) |
| Eine noch nicht ganz trockene Kapsel, erst halb geöffnet. Die Samen sind giftig. (Bild: W. Wohlers) |
| Die Kapsel hat sich geöffnet. Die Samen werden bei Wind bald herausfallen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Samen haben den gleichen Durchmesser wie Getreidekörner und wurden früher beim mechanischen Sieben nicht erfasst. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Samenoberfläche ist stark strukturiert, wie häufig bei Caryophyllaceen. (Bild: W. Wohlers) |
| Blick in die leere Samenkapsel. Nur zwei Samen blieben zurück. (Bild: W. Wohlers) |
| Keimlinge in der Aussaatschale. Man sieht die Samenschalen an den Keimblättern. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Keimblätter sind ca. 3 cm lang. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Ein Kornradefeld zur Bekämpfung des Rübenzystenälchens. Aus der Ferne erscheint das Feld weniger violett, sondern eher das Blaugrün der Blätter ist farbbestimmend. (Bild: Saatzucht Streng, Uffenheim) |
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Verfasser: Wohlert Wohlers. November 2017.
Fotos von Pollen der Kornrade gibt es bei PalDat, einer palynologischen Datenbank.
Eine detaillierte Beschreibung mit schönen Fotos gibt es beim finnischen NatureGate.