Urtica dioica L., die Große Brenn-Nessel oder Faser-Nessel, gehört zur Familie der Urticaceae (Brennnesselgewächse). Der englische Name ist Stinging Nettle. EPPO-Code URTDI.
Die Große Brenn-Nessel ist eines der häufigsten und auffallendsten wildwachsenden Kräuter in Mitteleuropa und gleichzeitig auch eine alte Kulturpflanze. Sie ist nicht nur in Europa und Asien, sondern auch in Nordamerika und fast überall in ihr angenehmen, d.h. nicht zu heißen Klimaten zu finden, so in Neuseeland und Australien, dort nur im Südosten. In Deutschland ist sie weit verbreitet. Im Norden wächst sie noch weit über den Polarkreis hinaus. Eigentlich eine Halbschattenpflanze, gedeiht sie auch in der prallen Sonne an Wegrändern und auf Ödland, außerdem in Weinbergen und Obstanlagen, im Grünland und im wenig gemähten Rasen, da sie sehr schnittfest ist. Sie braucht aber Wasser.
Die mehrjährige Pflanze kann bis zu 2 m hoch werden. Sie überdauert mit Rhizomen, aus denen sie im Frühjahr ab März austreibt. Die Blätter sind gegenständig, schmal oder breit lanzettlich und können 12 cm breit sein und bis zur Spitze 18 cm messen. Am Stielgrund sitzen zwei kleine Nebenblätter. Seitentriebe werden unten und nur wenig gebildet. Die Große Brenn-Nessel ist zweihäusig, die männlichen und weiblichen Blüten befinden sich an verschiedenen Pflanzen.
Bekannt und gefürchtet ist die Pflanze aufgrund ihrer Brennhaare, die an Stängeln und Blättern sitzen und deren Spitze bei Berührung abbricht und in die nur kleine Hautwunde ein Gemisch von Stoffen entlässt, vor allem Histamin, das mehrere Stunden ein Gefühl des Brennens hervorruft. Bei den verschiedenen Unterarten gibt es aber auch welche ohne Brennhaare. Die Brennhaare werden zur Behandlung von Rheuma eingesetzt.
Ansonsten ist die Große Brenn-Nessel in der Medizin gegen verschiedene, vor allem chronische Krankheiten bekannt, wird aber unter anderem spinatähnlich als Nahrungsmittel und als Tee verwendet, selbst im Pflanzenschutz vergoren gegen Blattläuse. In Europa wurde sie früher viel zur Fasergewinnung angebaut, seit Import von Baumwolle im 18. Jahrhundert aber immer weniger. Der Stoff daraus heißt auch Nessel. Im Jahr 2000 waren drei Sorten beim Bundessortenamt in Hannover zugelassen. Siehe auch das Anbautelegramm der Thüringischen Landesanstalt für Landwirtschaft..
| Ein mannshoher Bestand Ende Mai. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Horste von Brenn-Nesseln in einer nicht sehr gepflegten Weide. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Auf den hellen Flecken standen die Brenn-Nesseln. Eine Nachmahd hilft kaum, hemmt aber erstmal die Verbreitung. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Ein dichter Bestand junger Pflanzen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Bald nach einer Mahd erreicht der Bestand schnell 30 cm Höhe. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Pflanze verzweigt sich von unten, hier eine weibliche Pflanze. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Weibliche Pflanzen schießen häufig auch ohne viele Verzweigungen in die Höhe. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Männliche Pflanzen sind nicht an der Wuchsform von weiblichen Pflanzen zu unterscheiden, nur an den Blüten. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Pflanze bildet symmetrisch Blätter, die gegenständig sind. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Blätter sind gezähnt und können 12 cm breit und 18 cm lang sein, der Stiel 7 cm. Taubnesseln haben ähnliche Blätter. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Am Grund der Stängel befinden sich schmale Nebenblätter, hier bei einem ganz jungen Trieb gut zu erkennen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Bei jungen, noch kleinen Blättern sind die Brennhaare bereits zur vollen Größe gewachsen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Blattoberfläche scheint mehr Brennhaare zu tragen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Brennhaare sind ca 1,5 mm lang und bestehen aus einer Basis und einer Nadel, deren Spitze bei Berührung leicht abbricht. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Neben den Brennhaaren sieht man auf der ganzen Pflanze weiße, kurze, normale Haar und kleine Punkte. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Punkte sind Blasenhaare, die durch die Präparation für das Elektronen-Mikroskop wahrscheinlich umgeknickt sind. (Bild: K. Richert-Pöggeler und C. Maaß, JKI) |
| In den Blattachseln bilden sich unten Seitentrieben. Auch die Nebenblätter sind hier zu sehen, selbst am Blatt des Seitentriebs. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| In den Blattachseln stehen oben die Blüten. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Pro Blatt werden zwei Blütenstände gebildet. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die männlichen Blüten stehen meistens waagerecht. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die weißen Antheren links werden gleich zurückschnellen und dabei aufreißen und den Pollen fortschleudern. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Leere Antheren mit den Öffnungen am äußersten Ende. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| In der Mitte der oberen männlichen Blüte sind Reste der weiblichen Blüte zu erkennen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Rechts ein voll erblühter Bestand weiblicher Brenn-Nesseln. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Blüten bzw später die Samen sind in Rispen angeordnet. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Samenrispen bestehen aus Gruppen von einem Dutzend Einzelsamen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Weibliche Blüten mit den weißen Narben, dazwischen bereits verblühte, die braun sind. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Rispen können 7 cm lang werden und hängen wegen der reifenden, schwerer werdenden Samen herab. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Samenrispen im Herbst. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die Samen bleiben bis zum Frost oder noch länger an der Pflanze hängen. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Der 1 mm große, flache, hellbraun Same ist botanisch ein Nüsschen, häufig noch von den zwei Hüllblättern umgeben. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Die knapp 3 mm großen Keimblätter sind leicht behaart, fast rund mit eingezogener Spitze, die ersten richtigen Blätter bereits gesägt. (Bild: W. Wohlers) |
| Die Keimblätter haben ca 1,5 mm lange Stiele. Die Samen keimen bei 5 bis 10 Grad, auch im Dezember. (Bild: W. Wohlers) |
| Die Große Brenn-Nessel überwintert als Rhizom. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Den Winter überdauern die abgestorbenen, faserreichen und widerstandsfähigen Stängel sehr gut aufrechtstehend. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
| Manchmal ist die Große Brenn-Nessel auch rot gefärbt. Hier schlingt sich ein parasitärer Cuscuta-Trieb um die Pflanze: Brennnesselseide. (Bild: W. Wohlers, JKI) |
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Verfasser: Wohlert Wohlers. August 2020.
Fotos vom Pollen der Großen Brenn-Nessel siehe bei PalDat, einer palynologischen Datenbank.
Eine detaillierte Beschreibung mit schönen Fotos gibt es beim finnischen NatureGate.