Wo sind die Lerchen hingeflogen (Robert Eduard Prutz)

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Wo sind die Lerchen hingeflogen,
die sonst den jungen Tag begrüßt?
Hoch schweben sie am Himmelsbogen,
von Morgenlüftchen wach geküßt:
Es floß ein Regen süßer Lieder
herab auf die beglückte Welt,
und alle Herzen tönten wieder,
und jedes fühlte sich ein Held.

Jetzt schweigt die Flur! – Lautlose Schwüle
liegt ausgegossen weit und breit,
die Willkür ruht auf seidnem Pfühle
und freut sich ihrer Sicherheit:
Als hätte mit den freien Kehlen
sie auch die Herzen stumm gemacht!
Als schwiegen zitternd alle Seelen,
weil sie die Lippen überwacht!

Ich aber sah die Wolken steigen,
und Blitze zucken um den Turm -
Ja, es ist wahr! Die Lerchen schweigen,
allein sie schweigen – vor dem Sturm!
Ihr habt das Lied nicht hören wollen,
euch hat die Lerche nichts gelehrt:
Wohlan, so wird der Donner rollen,
und statt der Saite klirrt das Schwert!

Robert Eduard Prutz
(1816-1872)


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