Die Gattung Salicornia (Rolf Wißkirchen)

Aus Offene Naturführer
Wechseln zu: Navigation, Suche
Hinweis: Dieser Schlüssel ist mit dem Autornamen gekennzeichnet und die Mitarbeit ist auf Rolf Wißkirchen beschränkt. Auf der Diskussionsseite sind Kritik und Verbesserungsvorschläge willkommen!
Diese Arbeit ist eine Originalarbeit, die erstmalig hier publiziert ist.
Zitiervorschlag: Teil von: Wißkirchen, Rolf 2014. Chenopodiaceae – Bestimmungsschlüssel der in Deutschland wachsenden Gänsefußgewächse. http:/​/​offene-naturfuehrer.​de/​web/​Chenopodiaceae_​–_​Bestimmungsschlüssel_​der_​in_​Deutschland_​wachsenden_​Gänsefußgewächse_​(Rolf_​Wißkirchen)

Salicornia L. (Queller) ist eine kleine Gattung ein- oder mehrjähriger krautiger Pflanzen, die ausschließlich Salzstandorte besiedelt (obligate Halophyten). Sie umfasst je nach taxonomischer Auffassung 4–15 Arten. Die Verbreitung reicht vom Atlantik quer durch Eurasien bis zum Pazifik. Sie sind die ersten Landpflanzen (Pioniere) in der Überflutungszone temperater Küsten. Die auffälligsten Merkmale sind die sehr starke Reduktion der Blätter und Blüten und die glasige Sukkulenz der Sprosse. Die Pflanzen sind völlig kahl. Alle Sprosse sind regelmäßig gegliedert. Die Pflanzen sind oft stark verzweigt, ihre Äste kreuzgegenständig angeordnet. Die Blätter sind auf einen anliegenden stängelumfassenden kurzen Saum reduziert. Die Blüten stehen in Scheinähren am Ende der Zweige. Meist sind es drei Blüten, die dicht zusammen eine Art Dreieck bilden. Vorblätter fehlen. Die Blüten sind zwittrig und im Bereich der Internodien so in die Sprossachse eingesenkt, dass nur ihre abgeflachten Spitzen sichtbar sind. Die 3 Hüllblätter sind fast vollständig miteinander verwachsen und lassen im Zentrum der Blüte nur einen kleinen Spalt frei, aus dem bis zu drei Staubgefäße und zwei Griffel herausragen. Die gelblichen bis braunen Samen sind abgeflacht ellipsoid und mit hakig gekrümmten Borsten versehen.

Die Systematik und Benennung der Queller-Arten ist kompliziert und nicht abschließend geklärt. Die Vorschläge der verschiedenen Bearbeiter sehen z.T. sehr unterschiedlich aus. Der Konsenz ist insgesamt noch gering. Die Hauptschwierigkeit liegt in der starken Reduktion aller Pflanzenorgane bei Salicornia, so dass oft nur wenige greifbare Merkmale verfügbar sind. Zudem ist teilweise unklar, in wieweit bestimmte Merkmale modifikativ (standortsbedingt) oder genetisch fixiert sind, und, wenn genetisch fixiert, welche Bedeutung man den Merkmalen zumisst. So wurden in der Vergangenheit eine Vielzahl von Arten und infraspezifischen Taxa beschrieben. Aufgrund vorherrschender Selbstbestäubung (Autogamie) ist wohl von einer polytopen Entstehung von morphologisch leicht verschiedenen Populationen bzw. „“Mikrospezies auszugehen„“’, was die Analyse des Zusammenhangs von Merkmalen und Verwandtschaft erschwert. Einigkeit herrscht dennoch in der grundsätzlichen Unterscheidung von diploiden (S. europaea) und tetraploiden (S. procumbens, S. stricta) Quellern. Eine neue molekularsystematische Untersuchung (Kadereit et al. 2012) reduziert unsere heimischen Queller so auf zwei Arten: Salicornia europaea (diploid) und Salicornia procumbens (tetraploid). Ein größerer Widerspruch zu der hier vorliegenden Fassung ist das nicht, wurden S. procumbens und S. stricta auch in der Vergangenheit oft nur als Unterarten oder Varietäten einer einzigen Art aufgefasst. Allerdings nehmen die Autoren für diese Pflanzen jetzt keine Unterteilung mehr vor. Weiterhin fanden die Autoren, dass die Binnenlandpopulationen von Salicornia europaea sich in ihren Gen-Sequenzen von denen der Küste unterscheiden, ohne dass morphologische Unterscheidungsmerkmale wahrnehmbar sind. Die Autoren sprechen von kryptischen Taxa, die formal benannt werden sollten. Solche Forderungen sind kritisch zu sehen, da Unterschiede im Genom (bedingt durch ständig stattfindende Mutationen, Rekombinationen etc.) zunächst nur reproduktive Isolation dokumentieren. Ob man hier überhaupt von einem Taxon sprechen kann ist die Frage. Etwas verwunderlich in der Publikation ist auch die Unterscheidung von Unterarten bei Salicornia europaea (außerhalb unseres Gebietes), ohne dass diese von molekularen Merkmalen gestützt werden. Die für unser Gebiet wichtigen Beiträge von Dahmen (Dahmen 1998, Dahmen 2000) wurden leider nicht berücksichtigt. So werden mehr neue Fragen aufgeworfen als alte beantwortet. Bis auf weiteres wird hier der von König (1960), Aellen (1979) und (Dahmen 1998, Dahmen 2000) entwickelten konventionellen Fassung gefolgt, die sich in der Namensverwendung, nicht aber in wichtigen grundsätzlichen Befunden unterscheidet. – Im Gebiet 3 Arten und eine zusätzliche Unterart


Literatur

Aellen, P. : Chenopodiaceae. In: Hegi, G. (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Bd. 3, Nr. 2, Paul Parey, Berlin, S. 533-747.
Briggs, D. & Walters, S. M. 1997: Plant Variation and Evolution. 3. Auflage. Cambridge University Press, Cambridge.
Dahmen, R. 1998: Salicornia. In: Wisskirchen, R. & Haeupler, H. (Hrsg.): Standardliste der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Ulmer, Stuttgart, S. 447-450.
Hand, R. & Buttler, K. P. 2014: Beiträge zur Fortschreibung der Florenliste Deutschlands (Pteridophyta, Spermatophyta) - Siebte Folge. In: Kochia. Bd. 8, S. 71-89.
Jäger, E. J. (Hrsg.) 2011: Rothmaler, W. (Begr.), Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. 20. Auflage. Bd. 2, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin.
Kadereit, G., Piirainen, M., Lambinon, J. & Vanderpoorten, A. 2012: Cryptic taxa should have names: Reflections in the glasswort genus Salicornia (Amaranthaceae). In: Taxon. Bd. 61, Nr. 6, S. 1227-1239.
König, D. 1960: Beiträge zur Kenntnis der deutschen Salicornien. In: Mitteilungen der floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft. Bd. 8, S. 5-58.
Lambinon, J. & Vanderpoorten, A. 2012: Salicornia. In: Lambinon, J. & Verloove, F. (Hrsg.): Nouvelle Flore de la Belgique, du Grand-Duché de Luxembourg, du Nord de la France et des Régions voisines. 6. Auflage. Jardin botanique national de Belgique, Meise, S. 153-156.
Piirainen, M. 1991: Flora Nordica notes. 1. Salicornia (Chenopodiaceae) in northern Europe: Typification and taxonomic notes. In: Ann. Bot. Fenn. Bd. 28, S. 81-85.
Piirainen, M. 2001: Salicornia. In: Jonsell, B. (. (Hrsg.): Flora Nordica. Bd. 2, The Bergius Foundation, Stockholm, S. 50-54.
Teege, P. K., Kadereit, J. W. & Kadereit, G. 2011: Tetraploid European Salicornia are best interpreted as ecotypes of multiple origin. In: Flora. Bd. 206, S. 910-920.
Teege, P. K. 2009: Entstehung und Diversifizierung der mittel- und westeuropäischen Salicornia-Arten. Dissertation Universität Mainz, Mainz, S. 117.


Schlüssel

Salicornia (Queller; Chenopodiaceae)
Von: Rolf Wißkirchen
Geographischer Geltungsbereich: Deutschland — Mitarbeit begrenzt auf: Rolf Wißkirchen
1
Äste abstehend (Winkel größer als 45°), Scheinähren kurz, 1–4 cm lang, Seitenblüten klein, kürzer als die halbe Mittelblüte, Staubbeutel 0,2–0,5 mm lang, Samen rundlich 
  ▼▼ a  –   Kurzähren-Queller  –  Salicornia europaea
a
Scheinähren bis 3 cm lang, über 3 mm dick, Pflanzen dunkelgrün, im Herbst meist intensiv rot verfärbend 
 Gewöhnlicher Kurzähren-Queller  –  Salicornia europaea subsp. brachystachya
a*
Scheinähren bis 5 cm lang, bis 2,5 mm dick, Pflanzen hellgrün, im Herbst gelb bis rötlich verfärbend 
 Zierlicher Kurzähren-Queller  –  Salicornia europaea subsp. europaea
1*
Äste nach oben angewinkelt bis fast angelegt (Winkel kleiner als 45°), Scheinähren lang (3–10 cm), Seitenblüten mindestens halb so lang wie die Mittelblüte, Staubbeutel 0,6–1 mm lang, Samen länglich   ► 2
2
Stängel niederliegend bis aufsteigend, Scheinähren bis 10 (20) cm lang, in unterschiedliche Richtungen wachsend, 4–5 (8) mm dick, Mittelblüten oben stumpf gerundet, Pflanze im Herbst gelb oder braun-orange verfärbend 
 Sandwatt-Queller  –  Salicornia procumbens
2*
Stängel aufrecht, Scheinähren bis 8 cm lang, weitgehend parallel zueinander wachsend, 3,5–4 mm dick, Mittelblüten oben etwas zugespitzt, Pflanze im Herbst nicht verfärbend 
 Schlickwatt-Queller  –  Salicornia stricta


Salicornia europaea L.

Synonyme:

  • Salicornia herbacea L.
  • Salicornia ramosissima sensu Aellen

Kurzähren-Queller


Salicornia europaea subsp. brachystachya (G. Mey.) Dahmen & Wissk.

Synonyme:

  • Salicornia adpressa Dumort.
  • Salicornia patula Duval-Jouve
  • Salicornia obscura P.W. Ball
  • Salicornia ramosissima subsp. ramosissima

Gewöhnlicher Kurzähren-Queller

Salicornia europaea subsp. europaea

Synonyme:

  • Salicornia europaea subsp. gracilis (G. Mey.) Kloss
  • Salicornia ramosissima subsp. gracilis (G. Mey.) Aellen

Zierlicher Kurzähren-Queller

Salicornia procumbens Sm.

Synonyme:

  • Salicornia lutescens P.W. Ball & Tutin
  • Salicornia dolichostachya Moss
  • Salicornia dolichostachya subsp. decumbens (Aellen) Kloss
  • Salicornia fragilis P.W. Ball & Tutin
  • Salicornia stricta subsp. decumbens Aellen

Sandwatt-Queller

Salicornia stricta Dumort. s.str.

Synonyme:

  • Salicornia strictissima
  • Salicornia dolichostachya subsp. strictissima
  • Salicornia stricta subsp. stricta

Schlickwatt-Queller

Quelle: Offene Naturführer, Das Wiki zu Bestimmungsfragen: Die Gattung Salicornia (Rolf Wißkirchen) (Zuletzt geändert:
Dieses Attribut ist ein Spezialattribut in diesem Wiki.
17 Juni 2015 00:23:04). Abgerufen am 3. Juni 2025, 12:11 von https://offene-naturfuehrer.de/web/Die_Gattung_Salicornia_(Rolf_Wißkirchen)