Die Gattung Persicaria (Rolf Wißkirchen)

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Hinweis: Dieser Schlüssel ist mit dem Autornamen gekennzeichnet und die Mitarbeit ist auf Rolf Wißkirchen beschränkt. Auf der Diskussionsseite sind Kritik und Verbesserungsvorschläge willkommen!
Diese Arbeit ist eine Originalarbeit, die erstmalig hier publiziert ist.
Zitiervorschlag: Teil von: Wißkirchen, Rolf 2011. Polygonaceae – Bestimmungsschlüssel für die in Deutschland und angrenzenden Regionen wachsenden Knöterichgewächse. http:/​/​offene-naturfuehrer.​de/​wiki/​Polygonaceae_​-_​Bestimmungsschlüssel_​für_​die_​in_​Deutschland_​und_​angrenzenden_​Regionen_​wachsenden_​Knöterichgewächse_​(Rolf_​Wißkirchen)

Persicaria (L.) Hill (Knöterich), benannt nach dem Pfirsich (Persica vulgaris), dessen Blätter in Form und Farbe eine gewisse Ähnlichkeit mit denen des Flohknöterichs (Persicaria maculosa) haben, ist eine relativ große Gattung mit gut 100 Arten in vier Hauptgruppen (Sektionen). Im Gegensatz zu den Arten der Gattungen Bistorta und Aconogonon sind Persicaria-Arten eher Flachlandbewohner, und nur wenige Arten schaffen es bis in Bergregionen, so die hier mitbehandelte Art Persicaria nepalensis. Die meisten zeigen – ähnlich wie bei Rumex – eine Vorliebe für Gewässerufer und frische bis feuchte Substrate. Ihre Hauptverbreitung hat die Gattung in den Tropen und Subtropen aller Kontinente, wo die Pflanzen oft ausdauernde Stauden bilden. Nur in Ost- und Südostasien finden sich alle 4 Sektionen der Gattung. Hier erreicht die Gattung ihre höchste Diversität. In gemäßigten Breiten dagegen können sich die wärmeliebenden Arten fast nur als Einjährige halten. Einzige Ausnahme ist die ausdauernde Persicaria amphibia, eine Wasserpflanze, die aber auch an Land gut wächst. – Im Bezugsgebiet (Deutschland und angrenzende Regionen) 9 Arten und 4 zusätzliche Unterarten

Literatur

  • Diekjobst, H. (1994): Der Nepalesische Knöterich (Polygonum nepalense Meisn.), ein Neufund in Deutschland. – Floristische Rundbriefe 27 (2): 90–93
  • Kubat, K. & Jehlik, V. (2003): Persicaria pensylvanica in der Tschechischen Republik. – Preslia 75: 183–188
  • Steward, A. N. 1930. The Polygoneae of eastern Asia. Contrib. from the Herbarium of Harvard University 88: 1–129.
  • Wisskirchen, R. (1991): Zur Biologie und Variabilität von Polygonum lapathifolium. – Flora 185: 267–295.
  • Wisskirchen, R. (1995): Zur Bestimmung der Unterarten von Polygonum lapathifolium L. s. l. – Floristische Rundbriefe 29 (1): 1–25

Schlüssel

Ochrea-Typen bei Persicaria (Zeichnung Rolf Wißkirchen)


Tabellarische Übersicht der Merkmale lockerblütiger (laxiflorer) Persicaria-Arten

Tabelle 4: Die Merkmale von Persicaria minor sind rot, die von Persicaria hydropiper blau dargestellt. Diese beiden repräsentieren die Merkmals-Pole. Persicaria mitis liegt dazwischen. Es hat aber wenige eigene Merkmale und besteht hauptsächlich aus einer Kombination von P. minor- und P. hydropiper-Merkmalen. Das sicherste Merkmal zur Identifizierung von Persicaria mitis ist die kombinierte Oberflächenstruktur der Nussfrucht. Aber auch große Pflanzen mit lanzettlichen Blättern in Kombination mit lang bewimperten Ochreen gehören mit Sicherheit zu Persicaria mitis.

Merkmale   /   Arten Persicaria minor Persicaria mitis Persicaria hydropiper
Ochrea-Wimpernlänge 3–6 mm 3–6 mm 1–2 mm
Ochrea-Behaarung deutlich deutlich fast kahl
Blüten-Farbe weiß bis intensiv rosa weiß bis intensiv rosa grünlich mit weißer bis rosafarbener Spitze
Oberflächenstruktur der reifen Nuss-Frucht glatt, stark glänzend im unteren Teil ± glatt und glänzend, im oberen Teil warzig rau mit unregelmäßigem Netzleistenwerk im ganzen warzig rau mit unregelmäßigem Netzleistenwerk, matt
Blüten-Drüsigkeit keine Drüsen keine Drüsen oder wenige kleine, flache Drüsen viele große gelbliche bis bräunliche, aufgewölbte Drüsen
Frucht-Länge (ohne Perigon) 1,5–2,0 (–2,3) mm (2,0–) 2,2–3,0 mm (2,3–) 2,5–3,2 mm
Wuchshöhe /Sprosslänge 0,1–0,4 m 0,2–0,7 m 0,2–0,7 m
Blatt-Form linealisch bis linealisch-lanzettlich lanzettlich lanzettlich
Blütenähren-Länge meist 1,5–2,5 cm meist 2,5–4,0 cm meist 3,0–4,5 cm
Blütenähren-Form (bei der Fruchtreife) ± gestreckt übergebogen stark übergebogen




Persicaria amphibia (L.) Delarbre

Synonyme:

  • Polygonum amphibium L.

Wasser-Knöterich




Persicaria hydropiper (L.) Delarbre

Synonyme:

  • Polygonum hydropiper L.

Wasserpfeffer




Persicaria lapathifolia (L.) Delarbre

Synonyme:

  • Polygonum lapathifolium L.

Ampfer-Knöterich

Taxonomische Behandlung:

Nur wenige Arten verfügen über eine so hohe, auch dem Laien gleich ins Auge fallende Variabilität wie der Ampfer-Knöterich. Das betrifft z.B. die Sprossverzweigung, die Blattform, die Form, Größe und Intensität des Blattfleck, die Stängelfarbe, die Stängelfleckung, die Blütenstandsform, die Blütenfarbe und die Fruchtform - von der modifikativen Ausformung der Genotypen durch den Standort noch nicht zu sprechen. Die Hauptursache für das Entstehen zahlloser Morphotypen liegt in der Selbstbestäubung (Autogamie). Sie verhindert, dass sich die Morphotypen gleich wieder vermischen. Dies schließt Fremdbestäubung aber nicht aus. Sie wird - wenngleich selten - bewirkt durch Bienen und andere Insekten. Letztlich sind diese Morphotypen aber keine dauerhaft stabilen Gebilde und daher taxonomisch irrelevant. Sie zeigen weder eine Standort-Bindung noch sonstige Merkmals-Korrelationen. Hierzu gehören z.B. auch die Sippen "syringifolia" und "oligoclada", die der Monograph Danser für eigenständige Unterarten hielt, aber nur lokal einmal in Erscheinung treten. Die eigentlichen, d.h. taxonomisch relevanten Sippen entstehen bei Persicaria lapathifolia allmählich durch Mutation und standörtliche Selektion. Es sind Ökotypen. Das zeigt sich im einfachsten Falle schon bei der Unterart brittingeri mit ihren auffallend runden Blättform, deren Populationen auf Flussufer (und Talsperren) beschränkt sind. Diese Sippe ist eng mit der Typusunterart lapathifolia verwandt. Sie bildet mit ihr auch Übergangsformen. Dennoch ist die subsp. brittingeri in ihrer Eigenart sehr stabil und daher mehr als ein reiner Morphotypus.

Viel deutlicher und morphologisch ausgeprägter ist die Differenzierung zwischen Ufer- und Acker-Ökotypen. Die großfrüchtigen, grünlichweiß blühenden Ackersippen (subsp. pallida, subsp. leptoclada) lassen sich von den kleinfrüchtigen, meist buntblütigen Ufersippen (subsp. lapathifolia, subsp. brittingeri) gut unterscheiden. Sie sind auch von ihrem Lebensraum her gut getrennt. An intermediären Standorten jedoch, d.h. auf feuchten oder zeitweilig überschwemmten Böden ist diese Trennung gemindert oder ganz aufgehoben, und die Unterarten subsp. lapathifolia und subsp. pallida bilden dann "Bastarde" miteinander, d.h. sie rekombinieren zu intermediäre Formen, welche die subsp. mesomorphum ausmachen. Meist handelt es sich nur um Einzelindividuen oder kleine Populationen. In Auen- und Teichgebieten sowie in Talsperren und Klärteilen wachsen diese jedoch zu großen, eigenständigen Populationen heran. Diese Gegebenheiten sind der Grund, warum eine Trennung der Taxa lapathifolia und pallida auf Artebene wenig sinnvoll erscheint - im Gegensatz zu den Verhältnissen in der Polygonum aviculare-Gruppe (siehe dort). Alle Unterarten haben die gleiche Chromosomenzahl und sind fertil miteinander kombinierbar (auch "Rückkreuzungen" und 3-fach-Kombinationen ohne Fertilitätseinbußen lassen sich finden). Doch ist die Kombination aus brittingeri und pallida selten (über Rekombinationen unter Beteiligung der subsp. leptoclada ist nichts bekannt). Die Begrenzung der Neukombinationen liegt letztlich darin, dass sie einen eigenen, intermediären Lebensraum brauchen, um sich auf Dauer gegenüber den Eltern behaupten zu können. Es handelt sich hier also nicht um sterile Primärhybriden, die erst durch Chromosomenverdoppelung zu neuen sog. hybridogenen Arten generieren.

Die seltene Unterart leptoclada ist ein hoch angepasstes Leinunkraut, das sich aus der gewöhnlichen Ackerunkraut-Form (subsp. pallida) durch "Orthogenese", d.h. durch den Prozeß immer besserer Anpassung entwickelt hat. Es starb mit der Aufgabe des Leinanbaus in Deutschland schon vor längerer Zeit wieder aus. In Russland existiert diese Sippe aber heute noch. In den Herbarien (z.B. in Berlin und Jena) sind Belege dieser Sippe noch zu finden. Alle Unterarten sind im übrigen sehr variabel, d.h. die Tendenz zur Mikrospezies-Bildung durch vorherrschende Autogamie trifft für alle Unterarten zu. Teilweise entstehen ihre Populationen auch polytop, d.h. an entfernten Orten unabhängig voneinander. Häufig sind im Gebiet nur die Unterarten lapathifolia und pallida.

Die einheitliche Behandlung der Sippen als Unterarten geht auf einen taxonomischen Vorschlag von Danser zurück. Dieser bewährten Tradition wird hier weiter gefolgt. Eine streng phylogenetische Gliederung wie z. B. in "Flora Nordica" hat den Nachteil, dass ausgeprägte und naturschutzrelevante Sippen wie die subsp. brittingeri und das Leinunkraut leptoclada auf der Rangstufe von Varitäten behandelt werden müssten, was dann vielfach zu einem gänzlichen Ausschluss aus Floren, Florenlisten und Roten Listen führen würde. Bewertungsstufung und stammesgeschichtliche Stufung vertragen sich auf Artebene nicht gut.


Unterarten:

subsp. lapathifolia
subsp. brittingeri
subsp. pallida
subsp. leptoclada
subsp. mesomorpha




Persicaria lapathifolia subsp. lapathifolia

Synonyme:

  • Polygonum nodosum Pers.

Gewöhnlicher Ampferknöterich, Ufer-Ampferknöterich




Persicaria lapathifolia subsp. brittingeri (Opiz) Sojak

Synonyme:

  • Polygonum brittingeri Opiz
  • Polygonum danubiale Kern.

Fluss-Knöterich




Persicaria lapathifolia subsp. pallida (With.) A. Löve

Synonyme:

  • Polygonum pallidum With.
  • Polygonum tomentosum auct.
  • Polygonum incanum auct.

Acker-Ampferknöterich




Persicaria lapathifolia subsp. leptoclada (Danser) Wissk.

Synonyme:

  • Polygonum lapathifolium subsp. leptocladum Danser
  • Polygonum linicola Sutulov
  • Persicaria lapathifolia var. linicola (Sutulov) Ekman & Knutsson

Lein-Ampferknöterich




Persicaria lapathifolia subsp. mesomorpha (Danser) Sojak

Synonyme:

  • Polygonum mesomorphum (Danser) Sojak

Mittlerer Ampferknöterich




Persicaria maculosa Gray

Synonyme:

  • Polygonum persicaria L.

Floh-Knöterich, Pfirsichblättriger Knöterich




Persicaria minor (Huds.) Opiz

Synonyme:

  • Polygonum minus Huds.

Kleiner Knöterich




Persicaria mitis (Schrank) Assenov

Synonyme:

  • Polygonum mite Schrank
  • Persicaria dubia (Stein) Fourr.

Milder Knöterich




Persicaria nepalensis (Meisn.) H. Gross

Synonyme:

  • Polygonum nepalense Meisn.

Nepalesischer Knöterich




Persicaria orientalis (L.) Spach

Synonyme:

  • Polygonum orientale L.

Orientalischer Knöterich




Persicaria pensylvanica (L.) M. Gomez

Synonyme:

  • Polygonum pensylvanicum L.

Pennsylvanischer Knöterich

Quelle: Offene Naturführer, Das Wiki zu Bestimmungsfragen: Die Gattung Persicaria (Rolf Wißkirchen) (Zuletzt geändert:
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26 September 2015 08:00:13). Abgerufen am 12. Dezember 2024, 13:33 von https://offene-naturfuehrer.de/web/Die_Gattung_Persicaria_(Rolf_Wißkirchen)