Wiesen-Bärenklau (Pflanzentafel Natura Miriquidica e.V.)/Verwendung
Inhaltsverzeichnis
Verwendung (tabellarisch)
Stichwort | Teil der Pflanze | Quellenangaben, Anmerkungen, Weiterführendes |
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; ; ; | junge Triebe; Wurzel; | Masclef (Bd.1, 1891), S.113 »La Berce Branc-ursine est: utile. — Elle est recherchée par les bestiaux quand elle est jeune, mais il faut la faire consommer sur place de bonne heure ou la couper avant la fenaison, car elle durcit très promptement et devient presque ligneuse. // La tige, dépouillée de son écorce âcre, renferme du sucre et peut donner de l'alcool par fermentation; en Pologne et en Lithuanie on en fabrique une sorte de bière (parst) consommée par les classes pauvres. // La racine très acre est employée dans la médecine populaire pour guérir les durillons et les callosités de la peau. // Les fruits aromatiques remplacent quelquefois ceux de l'Angélique.« (Übersetzt: Der Wiesen-Bärenklau ist: nutzbar – Er ist bei jungen Rindern sehr begehrt, muss aber früh an Ort und Stelle gefressen oder vor der Heuernte geschnitten werden, da er sehr schnell aushärtet und fast verholzt. // Der von seiner scharfen Rinde befreite Stängel enthält Zucker und kann durch Gärung Alkohol ergeben; in Polen und Litauen wird daraus eine Art Bier (parst) hergestellt, das von den armen Bevölkerungsschichten konsumiert wird. // Die sehr scharfe Wurzel wird in der Volksmedizin zur Heilung von Schwielen und Hornhaut verwendet. // Aromatische Früchte ersetzen manchmal die von Angelika. Übersetzt mit Hilfe www.deepl.com) |
; ; ; ; ; ; ; | Blätter; Stängel; junge Triebe; | Schkuhr (Bd.1, 1808), S.202 »Brancae ursi Herba; zu Umſchlägen, Bädern und Klyſtiren ; erweichend, lindernd und reinigend. Die Kamſchadalen ſpeiſen die Stiele der Wurzelblätter, und bereiten einen Zucker daraus; werden auch anderwärts noch weiter und in unſern Gegenden von ärmern Leuten die jungen Blätter als Kohl genützt. Auf Wieſen und unter dem Heu iſt dieſe Pflanze wegen ihrer Härte ein Unkraut.«
Anm.: Ob mit „Kamſchadalen“ die Kamptschdalen (Bewohner der südlichen Teile der Insel Kamtschatka siehe https://archive.org/details/meyerskonversati09meye/page/431/mode/1up Meyers Lexikon 1890, Bd.9, Seite 431) gemeint sind, ist unklar |
; ; ; ; ; | Blätter; Stängel; junge Triebe; | Baxter (British Phaenogamous Botany, Bd.2, 1835), Nr. 130 »Heracleum sphondylium is considered a very nutritious plant, and a wholesome and nourishing food for cattle. Mr. COBBETT says he has fed working-horses, six or eight in number, upon this plant for weeks together. It is gathered in Sussex for fattening hogs, being known there by the name of Hog-weed. Cows, goats, sheep, and rabbits, are also fond of it. // GEMLIN informs us, (in his Flora Siberica) that the inhabitants of Kamtschatka, about the beginning of July, collect the footstalks of the radical leaves, and after peeling off the rind, (which is very acrid,) dry them separately in the sun, and then tying them in bundles they lay them up carefully in the shade; during the process of drying they become covered with a saccharine efflorescence, which is considered a great delicacy. In Poland and Lithuania a kind of beer is brewed from the stalks thus prepared, and when mixed with bilberries (Vaccinium uliyinosum) and fermented, the Russians distil a spirit f om them, which GEMLIN in says is more agreeable to the taste than that procured from corn. The young shoots, when boiled, form a delicate vegetable resembling asparagus. // Attempts have been made to manufacture sugar from this plant, which the Kamschatkans call Ratsch (sweet herb), but 40 pounds of the dried stalks only yielded a quarter of a pound of sugar.« (Übersetzt: Heracleum sphondylium gilt als sehr nahrhafte Pflanze und als gesundes und nahrhaftes Nahrungsmittel für Rinder. Herr COBBETT sagt, er habe sechs oder acht Arbeitspferde, sechs oder acht an der Zahl, wochenlang gemeinsam mit dieser Pflanze gefüttert. Sie wird in Sussex gesammelt, um Schweine zu mästen, und ist dort unter dem Namen Hog-weed bekannt. Kühe, Ziegen, Schafe und Kaninchen mögen sie ebenfalls. // GEMLIN informiert uns (in seiner Flora Siberica), dass die Einwohner von Kamtschatka etwa Anfang Juli die Stiele der radikalen Blätter sammeln und sie nach dem Abschälen der Rinde (die sehr beißend ist) einzeln in der Sonne trocknen und dann in Bündeln zusammenbinden und vorsichtig im Schatten aufstellen; während des Trocknungsprozesses werden sie mit einer zuckerhaltigen Ausblühung bedeckt, die als große Delikatesse gilt. In Polen und Litauen wird aus den so zubereiteten Stängeln eine Biersorte gebraut, und wenn sie mit Heidelbeeren (Vaccinium uliyinosum) vermischt und vergoren werden, destillieren die Russen daraus eine Spirituose, die laut GEMLIN geschmacklich angenehmer ist als die aus Mais gewonnene. Die jungen Triebe bilden, wenn sie gekocht werden, ein zartes, spargelähnliches Gemüse. // Man hat versucht, aus dieser Pflanze, die die Kamschatker Ratsch (süßes Kraut) nennen, Zucker herzustellen, aber 40 Pfund der getrockneten Stängel brachten nur ein Viertelpfund Zucker hervor. Übersetzt mit Hilfe www.deepl.com) |
; ; ; ; ; | Blätter; Stängel; junge Triebe; | Boswell u.a. (English Botany Bd. 4, 1877), S.154f. »This is one of our common wayside plants, which might really be usefully employed, if our peasantry were better informed as to the nature and properties of the wild vegetation surrounding them. It is generally looked upon merely as a noxious weed, though in some districts where it grows, the leaves are collected and given to pigs, who quickly fatten upon them ; hence the plant is called Hogweed. The stalks tripped of their rind, which is somewhat acrid, are edible, and are used as food in some parts of Asiatic Russia. In Siberia and Russia the stalks are dried in the sun, when a sweet substance exudes from them, which resembles sugar, and is eaten as a great delicacy. A spirit is distilled from the stalks thus prepared, by first fermenting them with water and either mingling bilberries with them or not. Gmelin says this spirit is more agreeable to the taste than spirit distilled from corn. The young shoots and leaves may be boiled and eaten as a green vegetable, and when just sprouting from the ground resemble asparagus in flavour. This experiment is, however, seldom tried, owing to the ignorance of those to whom such an addition to the table would be a benefit and luxury.« (Übersetzt: Dies ist eine unserer üblichen Wegbegleitpflanzen, die wirklich sinnvoll eingesetzt werden könnte, wenn unsere Bauernschaft besser über die Natur und die Eigenschaften der sie umgebenden wilden Vegetation informiert wäre. Im Allgemeinen wird er lediglich als ein schädliches Unkraut betrachtet, obwohl in einigen Gegenden, in denen er wächst, die Blätter gesammelt und den Schweinen gegeben werden, die sich schnell daran mästen; daher wird die Pflanze Schweinskraut genannt. Die von ihrer etwas beißenden Rinde abgelösten Stängel sind essbar und werden in einigen Teilen des asiatischen Russlands als Nahrungsmittel verwendet. In Sibirien und Russland werden die Stängel in der Sonne getrocknet, wenn aus ihnen eine zuckerähnliche süße Substanz austritt, die als große Delikatesse gegessen wird. Aus den so zubereiteten Stängeln wird eine Spirituose destilliert, indem man sie zunächst mit Wasser fermentiert und entweder Heidelbeeren mit ihnen vermischt oder nicht. Gmelin sagt, diese Spirituose sei geschmacklich angenehmer als Maisbranntwein. Die jungen Triebe und Blätter können gekocht und als grünes Gemüse gegessen werden, und wenn sie gerade aus dem Boden sprießen, ähneln sie im Geschmack dem Spargel. Dieses Experiment wird jedoch aufgrund der Unwissenheit derer, für die eine solche Zugabe auf den Tisch ein Vorteil und Luxus wäre, nur selten durchgeführt. Übersetzt mit Hilfe www.deepl.com) |
; ; ; ; ; ; | Blätter; Stängel; junge Triebe; | Madus (Bd.1, 1938), S. 1544: »Geschichtliches und Allgemeines. […] Es wurde viel als erweichendes und zerteilendes Mittel gebraucht; besonders die gekochte Wurzel wurde zum Aufweichen von Geschwüren, namentlich der der Leber, aufgelegt. Die Wurzel galt auch als verdauungsfördernd und als Mittel gegen Epilepsie, Dysenterie und Krankheiten der Milz. Im Osten wird der Bärenklau von den Litauern und Polen schon seit langem zur Herstellung von einer Art Bier benutzt. Er kann auch als natürlicher Wespenfänger bezeichnet werden, denn sein Blütenhonig berauscht die Wespen so stark, daß sie kaum noch fliegen können und meist zur Erde fallen, wenn man sie von der Blüte entfernt.« |
; ; ; ; ; ; ; ; ; ; | Blätter; Stängel; Wurzel; | Madus (Bd.1, 1938), S. 1544ff.: Wirkung Matthiolus¹) rühmt Kraut und Wurzel bei Leberleiden, Ikterus und beschwerlichem Atem, den Blütensaft äußerlich gegen schwärende und eiternde Ohren. Orne²) sah in drei von fünf Fällen bei Epilepsie, verbunden mit Flatulenz und krankhafter Sensibilität des Magens, gute Erfolge durch Verordnung der Bärenklauwurzel oder -blätter. Nach Hecker³) schrieben die Ärzte früherer Zeit der Wurzel die Kraft zu, die Entstehung des Weichselzopfes zu verhüten, und die Litauer genossen sie deshalb häufig in Suppen. Dragendorff⁴) führt das Kraut als Resolvens an. Nach Schulz⁵) soll die Wurzel bei Dysenterie mit dem Kraut zusammen, innerlich und äußerlich gegen Geschwülste dienlich sein. Auf die Haut gelegt, verursacht die Pflanze Entzündungen. Leclerc⁶) beobachtete gute Erfolge mit der Darbietung des Fluidextraktes bei sexueller Neurasthenie. Heinigke⁷) schreibt von Heracleum: „Es hat eine hervorragende Wirkung auf die Verdauungsorgane, ferner wirkt es auf die Geschlechtsorgane und auf die Haut.“ Als Inhaltsstoffe des Wurzelstockes werden genannt: Glutamin und Arginin, Galactan und Arabana⁸). Die Früchte enthalten ätherisches Öl⁹).
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage: Heracleum sphondylium wird nur selten verordnet, so gelegentlich bei Muskelkrämpfen mit gastrischen Störungen, bei Verdauungsbeschwerden, Diarrhöe, Dysenterie und Gastritis und Enteritis mit Durchfällen infolge von Erkältung (hier in Verbindung mit Tormentilla). Weiter hat es sich bei Dermatopathien, auch Seborrhoea capillitia, hysterischen Krämpfen und nervösen Leiden bewährt. Von Eisenberg, Würzburg, wird das Mittel bei Kropf und Basedow empfohlen. Auch versuchte er es bei Star der Diabetiker, doch erscheint ihm hier der Dauererfolg fraglich. Bei Husten, Heiserkeit, Zungenlähmung und -geschwüren läßt J. Bastian 30 Tropfen der Urtinktur auf 1 Glas stündlich schluckweise nehmen. Angewandter Pflanzenteil: Samen, Kraut und Wurzel werden von Matthiolus, Bock und v. Haller als gebräuchlich bezeichnet. Auch Dinand, Dragendorrf und Kroeber nennen diese Teile. Das Kraut allein nennt Heinigke und die Wurzel allein Geßner, während Schulz Kraut und Wurzel erwähnt. Für die angeführten Indikationen kommt aber wohl nur das Kraut mit der Wurzel in Betracht. Das HAB. [Homöopathisches Arzneibuch] läßt das frisches Kraut verwenden (§ 1). Zur Bereitung des „Teep“ wird die frische Pflanze mit Wurzel benutzt. Dosierung:
*) Teezubereitung: Der Extraktgehalt des heiß im Verhältnis 1:10 bereiteten Tees beträgt 2,9% gegenüber 2,8 % bei kalter Zubereitung. Der Aschengehalt der Extrakte beträgt 0,45 % bei heißer und 0,45 % bei kalter Zubereitung. Nur in dem kalten Ansatz ist die Peroxydasereaktion schwach positiv. Geschmacklich ist der heiß bereitete Tee bitterer als der kalt bereitete. Ein Ansatz von 1:50 ist noch trinkbar. 1 Teelöffel voll wiegt 1,2 g. Der Tee kann auf Grund dieser Ergebnisse kalt oder heiß unter Verwendung von 1–2 Teelöffeln voll auf 1 Teeglas angesetzt werden. (1) Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626 S. 274 D.; (2) Orne, zit. b. Hecker, Prakt. Arzneimittell. 1830, S. 84. (3) Hecker, vgl. 2). (4) Dragendorff, Die Heilpfl. d. versch. Völker u. Zeiten, S. 499. (5) Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d, dtsch. Arzneipfl., S. 238. (6) Leclerc, Précis de Phytothéraie. S. 153. (7) Heinigkes Handb. der hom. Arzneiwirkungsl., S. 304. (8) Stieger, Z. Physiol. Chem., 89, 245, 1913 (C. C. 1913, II, 1230) (9) O. Geßner, Die Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, S. 223, Heidelberg 1931. |
; ; ; | Blätter; Wurzel; | Dietrich (Bd.10, 1842), Tafel 706: »Die Wurzel und die Blätter waren ehemals als Radix et Herba Brancae ursinae spuriae in der Medizin gebräuchlich. In Polen und Lithauen wird aus den Blättern durch Gährung ein säuerliches Getränk bereitet, was unter dem Namen Barsz bekannt ist. In Kamtschatka und Persien werden die entrindeten Blattstiele gegessen, welche einen süſsen Geschmack haben, wenn sie einige Zeit liegen, beschlagen sie mit einem Zuckermehl, was abgeklopft und in Ruſsland wie Zucker angewendet wird.« |
; ; | Blätter; Wurzel; | Spach (Bd. 10, 1839), S.172: »Cette espèce, nommée vulgairement Berce, Fausse Branc-ursine, ou Branc-ursine bâtarde, est commune dans toute l'Europe, ainsi qu'en Sibérie. Elle croît dans les prairies et les bois un peu humides; la floraison a lieu en été. L'écorce et la racine de la Berce sont très-âcres; on assure qu'étant appliquées fraîches sur la peau, elles y produisent des ulcérations. La substance cellulaire de la tige et les jeunes pousses au contraire ont une saveur sucrée; dans le Nord on s'en sert en guise de légumes verts, et les habitants du Kamtchatka ont coutume d'en extraire, parla distillation, une boisson alcoolique.« (Übersetzt: Die Rinde und die Wurzel des Bärenklau sind sehr blass; es ist sichergestellt, dass sie, wenn sie frisch auf die Haut aufgetragen werden, Geschwürbildungen verursachen. Die Zellsubstanz des Stammes und der jungen Triebe hat dagegen einen süßen Geschmack; im Norden wird sie als grünes Gemüse verwendet, und die Einwohner Kamtschatkas sind es gewohnt, daraus ein alkoholisches Getränk zu destillieren. Übersetzt mit Hilfe www.deepl.com) |
; | Stängel; Blätter; | Sinclair & Friedrich - Hortus Gramineus Woburnensis (1826), S. 402: »8. Bärenklau (Heracleum sphondilium). // Zur Unterſuchung dieſer Pflanze wurde ich zuerſt durch den ehrwürdigen S. Bale von Eaſt Grinſtead veranlaßt, der mir den Samen von einer andern Art, und zwar von H. giganteum überſandte. Er bemerkt, daß es eine ſehr frühzeitige und ertragreiche Pflanze ſey, die ſich gut mähen laſſe, und vom Vieh gerne gefreſſen werde. Gmelin ſagt, die Ruſſen bereiten ein geiſtiges Getränk aus den Stengeln, welche ſie im Waſſer mit Vaccinium uliginosum gähren laſſen, Kühe, Schaaf, Schweine und Kaninchen ſcheinen die Blätter dieſer Pflanze gerne zu freſſen. Sie blüht ungefähr gegen die Mitte Mai. Wenn man ihre Nahrungskräfte mit jenne des ewigen Klee's und einiger anderer Pflanzen vergleicht, ſo ſind ſie beträchtlich.
Ungefähr den erſten Mai enthalten 64 Dr. [Drachmen: ≈ 248,83 g] Kraut 90 Gran [5,8319 g] Nahrungsſtoff |
; ; | Stängel; Blätter; | Braune (Bd.1, 1797), Nr. 261: „Gebrauch. Diese Pflanze ist unter der Provinzialbenennung Schärling allgemein bekannt; sie iſt auch eine Arzneypflanze, und ihr Kraut wird, Branſæ urſi (Spondylii) herba, genennet. (7y.) Es werden dieſer Pflanze auflösende, eröffnende, und erweichende Kräfte zugefchrieben (7 z.) Das Mark der jungen Stengel, und der Blattstiele ist süß, und wird daher von den gilanschen Perſern, und Kamtschadalen, nach abgeschälter Rinde, gegessen; auch bereiten sie blos durchs Trocknen, und Ausklopfen eine Art von Zucker daraus ſo, wie vermittelſt der Gährung einen starken Geist. Uebrigens wird die junge, und frische Pflanze von dem Viehe, besonders von den Haaſen gerne gefreſſen.«
(7 y.) Linnè mat. med. n. 02. Potlich. palat. n. 284. (7 z.) Kroker. flor. fil. I. n. 421. p. 431 et 432. |
Blätter; | Hegi 1926, S. 944 (Abschnitt Umbelliferae): »jüngere Blätter von Heracleum Sphondylium liefern Kaninchenfutter« | |
; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; | Blätter; Wurzel; junge Triebe; Früchte; gesamte Pflanze | Hegi 1926, S. 1452f.: »Heracleum Sphondylium, die Gemeine Bärenklau, ist (namentlich in der typischen Unterart austrále) ein verbreitetes, oft lästiges Kraut der Fett-, Wässer- und Frischwiesen (siehe pag. 1429), das allerdings erst nach der Heuernte — vor dem zweiten Schnitt (Grummet, Emd) — zur Blüte gelangt und dann einen bezeichnenden Aspekt erzeugt. Durch einseitige Stickstoffdüngung (Jauche, Stallmist) wird das Wachstum sehr gefördert. Nur in höheren Lagen blüht die Bärenklau bereits im ersten Schnitt, gelegentlich gleichzeitig mit dem Wiesenkerbel, mit welchem — auch mit dem Berg-Kälberkropf — die Art übrigens viel gemeinsames hat. Die Pflanze entwickelt eine enorme Wachstumsenergie. Der dicke, vielköpfige Wurzelstock besitzt ein starkes Ausschlagsvermögen; die grossen, grundständigen Blätter verdrängen durch Beschattung alle guten Wiesengräser und Kräuter und setzen dadurch den Ertrag der Wiesen herab. Bis zum ersten Schnitt bildet die Pflanze ein ordentliches Milch- und Grünfutter; doch schrumpfen die Blätter beim Dörren zusammen und zerbröckeln zu Pulver. Aus diesem Grunde werden die Blätter mancherorts von Kindern aus dem Heu herausgelesen und grün verfüttert. Im zweiten Schnitt werden die kräftigen Stengel holzig und die Blätter grob; sie liefern ein geringes Heu, das zufolge des grossen Wassergehaltes schlecht trocknet und leicht schimmlig wird. Aus diesen Gründen wird die Bärenklau wie andere Doldenpflanzen — sie kann auf gedüngten Wiesen bis 80 % des Bestandes ausmachen — durch verschiedene Massnahmen zu bekämpfen gesucht, so durch öfteres Abschneiden vor der Samenreife und durch Beweiden während des Sommers, durch einen Wechsel in der Düngung (statt Jauche Thomasmehl und Superphosphat), durch Ausstechen der Wurzelstöcke (zu kostspielig) oder durch Begiessen der Schnittstellen mit Petroleum. Stebler erwähnt, dass durch die Sommerweide die Bärenklau auf einer Wiese auf dem Baurenboden-Fischenthal (Zürcher Oberland) beinahe völlig vertrieben wurde. Auf Trocken- und Magerwiesen wird Heracleum Sphondylium durch den Kümmel und die Bibernelle ersetzt.
Bekanntlich geben die jungen Blätter ein gutes Futter für Kaninchen oder (gehäckselt) für Hühner; in den Pyrenäen werden die Blätter im Winter zur Schweinemast verwendet. Die Wurzel ist als Gemüse geniessbar; doch kann sie, besonders wenn sie an einem nassen Standort gewachsen ist, unter Umständen gesundheitsschädlich wirken. Verbreitet ist die Verwendung der hohlen Stengel als Spielzeug für Kinder (für Spritzen, Pfeifen u. dgl.). Die Früchte, die bei Zürich in einem Pfahlbau der Bronce-Eisenzeit nachgewiesen wurden, finden sich zuweilen in europäischen Grassaaten. — Die rinnigen Blattstiele dienen der zentripetalen Ableitung des Wassers. Die bauchigen, derben Blattscheiden bieten den in ihnen eingeschlossenen jungen Sprossteilen einen wirksamen Schutz. Die rauhe Behaarung dient im allgemeinen als (nicht sehr wirksames!) Schutzmittel gegen Tierfrass; der Borstenkranz unmittelbar unter den Verzweigungsstellen der Blattspindel und am Grunde der Stengelblattscheiden bildet jedoch nach Briquet einen lokalen Verdunstungsschutz für die „interkalaren“ Wachstumszonen. Auch die flaumig-filzige Behaarung der Laubblatt-Unterseite bei manchen südlichen Formen ist offenbar als Transpirations-Schutzmittel aufzufassen. Die starkduftenden Blüten, deren Auffälligkeit zudem durch die meist strahlende Ausbildung der äusseren Kronblätter erhöht wird, werden von einer sehr grossen Zahl von kurzrüsseligen Insekten besucht. Sie sind in der Hauptdolde meist sämtlich zwitterig und proterandrisch, in den Seitendolden zuweilen männlich oder (durch mangelhafte Ausbildung der Staubbeutel und der Pollenkörner) physiologisch weiblich. Bei Neu-Ruppin tritt die Pflanze (welche Unterart?) nach Warnstorf andromonözisch und gynodiözisch auf. Die Blütendolden erscheinen auf den Wiesen gewöhnlich erst nach dem ersten Schnitt. Die Früchte, vielerorts „Batzen“ geheissen, sind durch ihren dünnen Flügelrand an die Windverbreitung angepasst. — Die schwach-aromatischen und süsslich-schleimigen, dann scharf-bitterlich schmeckenden Blätter und die einen scharfen, gelben Saft führende (und dadurch abführend wirkende) Wurzel waren ehedem als Herba et Radix Bräncae ursinae Germánicae¹) vel Sphondýlii in der Heilkunde gebräuchlich als erweichendes und zerteilendes Mittel; insbesondere wurde die gekochte Wurzel zum Aufweichen von Geschwüren, namentlich der Leber, aufgelegt. Im Osten werden Auszüge aus Kraut und Wurzel zur Bekämpfung des „Weichselzopfes“ (Plica Polonica), bei dem die Haare zu einem unentwirrbaren Knäuel verfilzt und verklebt sind, angewendet. Die Wurzel galt auch als verdauungsfördernd und als Mittel gegen Epilepsie und Dysenterie. Die reifen Früchte, die als krampfstillend angesehen wurden, sind reich (je nach dem Reifegrad 0,9 bis 3 %) an ätherischem Oel; die unreifen Früchte enthalten Methyl- und Aethyl-Alkohol, Paraffin und einen stickstoff-freien Körper „Heraclin“, der in Chloroform, nicht aber in Wasser löslich ist und bei 185 ° schmilzt. Aus den in Wasser gekochten Blättern und Früchten wurde ehedem in slawischen Ländern mit Zusatz von etwas Sauerteig ein alkoholisches Getränk („Bartsch“)²) hergestellt, das von Armen statt Bier getrunken wurde; auch in Nord-Frankreich wird aus der Pflanze ein Likör gewonnen. In Kamtschatka und Persien werden Stengel und Blattstiele von verwandten Arten (in ersterm Lande wohl H. dulce Fischer; s. pag. 1422) entrindet gegessen und auch Zucker (man trocknete die Stengel und klopfte die Zuckereffloreszenz ab) und ein Branntwein daraus hergestellt. In Litauen und Polen soll die Wurzel als Gesundheitszusatz zu Landbieren dienen.
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; ; ; ; | Blätter; Wurzel; Früchte; gesamte Pflanze; | © Hiller u.a. (1999) |
; ; ; ; | Stängel; Samen; Blütensprosse; Wurzeln; | Machatschek (2010):
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; ; | junge Triebe; junge Blätter; Samen; Blütenknospen; Blüten; Wurzeln; Stängel; | © Fleischhauer u.a. (2019), S. 412 ff. |
Verwendung zusammengefasst aus Stichworten (alphabetisch)
Futterpflanze für Weidetiere
Braune (Bd.1, 1797), Nr. 261: „Gebrauch […] Uebrigens wird die junge, und frische Pflanze von dem Viehe, besonders von den Haaſen gerne gefreſſen.“
Sinclair & Friedrich - Hortus Gramineus Woburnensis (1826), S. 402: […] Kühe, Schaaf, Schweine und Kaninchen ſcheinen die Blätter dieſer Pflanze gerne zu freſſen. Sie blüht ungefähr gegen die Mitte Mai. Wenn man ihre Nahrungskräfte mit jenne des ewigen Klee's und einiger anderer Pflanzen vergleicht, ſo ſind ſie beträchtlich. Ungefähr den erſten Mai enthalten 64 Dr. [Drachmen: ≈ 248,83 g] Kraut 90 Gran [5,8319 g] Nahrungsſtoff
Baxter (British Phaenogamous Botany, Bd.2, 1835), Nr. 130 Heracleum sphondylium gilt als sehr nahrhafte Pflanze und als gesundes und nahrhaftes Nahrungsmittel für Rinder. Herr COBBETT sagt, er habe sechs oder acht Arbeitspferde, sechs oder acht an der Zahl, wochenlang gemeinsam mit dieser Pflanze gefüttert. Sie wird in Sussex gesammelt, um Schweine zu mästen, und ist dort unter dem Namen Hog-weed bekannt. Kühe, Ziegen, Schafe und Kaninchen mögen sie ebenfalls.
Boswell u.a. (English Botany Bd. 4, 1877), S.154f. obwohl in einigen Gegenden, in denen er wächst, die Blätter gesammelt und den Schweinen gegeben werden, die sich schnell daran mästen; daher wird die Pflanze Schweinskraut genannt.
Masclef (Bd.1, 1891), S.113 nutzbar – Er ist bei jungen Rindern sehr begehrt, muss aber früh an Ort und Stelle gefressen oder vor der Heuernte geschnitten werden, da er sehr schnell aushärtet und fast verholzt.
Hegi 1926, S. 944 (Abschnitt Umbelliferae): »jüngere Blätter von Heracleum Sphondylium liefern Kaninchenfutter«
Hegi 1926, S. 1452f. Bekanntlich geben die jungen Blätter ein gutes Futter für Kaninchen oder (gehäckselt) für Hühner; in den Pyrenäen werden die Blätter im Winter zur Schweinemast verwendet. […] In Kamtschatka und Persien werden Stengel und Blattstiele von verwandten Arten (in ersterm Lande wohl H. dulce Fischer; s. pag. 1422) entrindet gegessen […]
Heilung (Volksheilkunde)
Braune (Bd.1, 1797), Nr. 261: „Gebrauch. Diese Pflanze ist unter der Provinzialbenennung Schärling allgemein bekannt; sie iſt auch eine Arzneypflanze, und ihr Kraut wird, Branſæ urſi (Spondylii) herba, genennet. (7y.) Es werden dieſer Pflanze auflösende, eröffnende, und erweichende Kräfte zugefchrieben (7 z.)
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- (7 y.) Linnè mat. med. n. 02. Potlich. palat. n. 284.
(7 z.) Kroker. flor. fil. I. n. 421. p. 431 et 432.
Schkuhr (Bd.1, 1808), S.202 »Brancae ursi Herba; zu Umſchlägen, Bädern und Klyſtiren ; erweichend, lindernd und reinigend.«
Dietrich (Bd.10, 1842), Tafel 706: »Die Wurzel und die Blätter waren ehemals als Radix et Herba Brancae ursinae spuriae in der Medizin gebräuchlich.
Masclef (Bd.1, 1891), S.113 »Die sehr scharfe Wurzel wird in der Volksmedizin zur Heilung von Schwielen und Hornhaut verwendet.«
Hegi 1926, S. 1452f. […] Die schwach-aromatischen und süsslich-schleimigen, dann scharf-bitterlich schmeckenden Blätter und die einen scharfen, gelben Saft führende (und dadurch abführend wirkende) Wurzel waren ehedem als Herba et Radix Bräncae ursinae Germánicae¹) vel Sphondýlii in der Heilkunde gebräuchlich als erweichendes und zerteilendes Mittel; insbesondere wurde die gekochte Wurzel zum Aufweichen von Geschwüren, namentlich der Leber, aufgelegt. Im Osten werden Auszüge aus Kraut und Wurzel zur Bekämpfung des „Weichselzopfes“ (Plica Polonica), bei dem die Haare zu einem unentwirrbaren Knäuel verfilzt und verklebt sind, angewendet. Die Wurzel galt auch als verdauungsfördernd und als Mittel gegen Epilepsie und Dysenterie. Die reifen Früchte, die als krampfstillend angesehen wurden […].
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- ¹) In vor-linné’scher Zeit führte die Pflanze die Bezeichnung Branca ursina nostras.
Madus (Bd.1, 1938), S. 1544ff.: »[…] Es wurde viel als erweichendes und zerteilendes Mittel gebraucht; besonders die gekochte Wurzel wurde zum Aufweichen von Geschwüren, namentlich der der Leber, aufgelegt. Die Wurzel galt auch als verdauungsfördernd und als Mittel gegen Epilepsie, Dysenterie und Krankheiten der Milz. […]
Wirkung Matthiolus¹) rühmt Kraut und Wurzel bei Leberleiden, Ikterus und beschwerlichem Atem, den Blütensaft äußerlich gegen schwärende und eiternde Ohren. Orne²) sah in drei von fünf Fällen bei Epilepsie, verbunden mit Flatulenz und krankhafter Sensibilität des Magens, gute Erfolge durch Verordnung der Bärenklauwurzel oder -blätter. Nach Hecker³) schrieben die Ärzte früherer Zeit der Wurzel die Kraft zu, die Entstehung des Weichselzopfes zu verhüten, und die Litauer genossen sie deshalb häufig in Suppen. Dragendorff⁴) führt das Kraut als Resolvens an. Nach Schulz⁵) soll die Wurzel bei Dysenterie mit dem Kraut zusammen, innerlich und äußerlich gegen Geschwülste dienlich sein. Auf die Haut gelegt, verursacht die Pflanze Entzündungen. Leclerc⁶) beobachtete gute Erfolge mit der Darbietung des Fluidextraktes bei sexueller Neurasthenie. Heinigke⁷) schreibt von Heracleum: „Es hat eine hervorragende Wirkung auf die Verdauungsorgane, ferner wirkt es auf die Geschlechtsorgane und auf die Haut.“ Als Inhaltsstoffe des Wurzelstockes werden genannt: Glutamin und Arginin, Galactan und Arabana⁸). Die Früchte enthalten ätherisches Öl⁹).
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
- Dänemark: Gegen Verdauungsstörungen.
- Polen: Als Wildgemüse.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage: Heracleum sphondylium wird nur selten verordnet, so gelegentlich bei Muskelkrämpfen mit gastrischen Störungen, bei Verdauungsbeschwerden, Diarrhöe, Dysenterie und Gastritis und Enteritis mit Durchfällen infolge von Erkältung (hier in Verbindung mit Tormentilla). Weiter hat es sich bei Dermatopathien, auch Seborrhoea capillitia, hysterischen Krämpfen und nervösen Leiden bewährt.
Von Eisenberg, Würzburg, wird das Mittel bei Kropf und Basedow empfohlen. Auch versuchte er es bei Star der Diabetiker, doch erscheint ihm hier der Dauererfolg fraglich.
Bei Husten, Heiserkeit, Zungenlähmung und -geschwüren läßt J. Bastian 30 Tropfen der Urtinktur auf 1 Glas stündlich schluckweise nehmen.
Angewandter Pflanzenteil: Samen, Kraut und Wurzel werden von Matthiolus, Bock und v. Haller als gebräuchlich bezeichnet. Auch Dinand, Dragendorrf und Kroeber nennen diese Teile. Das Kraut allein nennt Heinigke und die Wurzel allein Geßner, während Schulz Kraut und Wurzel erwähnt. Für die angeführten Indikationen kommt aber wohl nur das Kraut mit der Wurzel in Betracht. Das HAB. [Homöopathisches Arzneibuch] läßt das frisches Kraut verwenden (§ 1). Zur Bereitung des „Teep“ wird die frische Pflanze mit Wurzel benutzt.
Dosierung:
- Übliche Dosis: 2 g des Fluidextraktes (Leclerc). 1⁄2 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich. (Die „Teep”-Zubereitung ist auf 50 % Pflanzensubstanz eingestellt.)
- In der Homöopathie: Ø [homöopathische Urtinktur] bis dil. D 1.
- Maximaldosis: Nicht festgesetzt.
Rezepte:
- Bei Epilepsie und Verdauungsbeschwerden: Rp.: Hb. Heraclei sphondylii 30,0 (=Bärenklaukraut) DS.: 3 Teelöffel voll mit 2 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber schluckweise trinken*).
- Bei Gastritis und Enteritis mit Diarrhöe [nach Niebergall]: Rp.: Hb. c. rad. Heraclei 30,0 [=Bärenklaukraut mit Wurzel] Rad. Tormentillae 20,0 (=Tormentillwurzel) M.f. species. DS.: 4 Teelöffel auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
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- *) Teezubereitung: Der Extraktgehalt des heiß im Verhältnis 1:10 bereiteten Tees beträgt 2,9% gegenüber 2,8 % bei kalter Zubereitung. Der Aschengehalt der Extrakte beträgt 0,45 % bei heißer und 0,45 % bei kalter Zubereitung. Nur in dem kalten Ansatz ist die Peroxydasereaktion schwach positiv. Geschmacklich ist der heiß bereitete Tee bitterer als der kalt bereitete. Ein Ansatz von 1:50 ist noch trinkbar. 1 Teelöffel voll wiegt 1,2 g. Der Tee kann auf Grund dieser Ergebnisse kalt oder heiß unter Verwendung von 1–2 Teelöffeln voll auf 1 Teeglas angesetzt werden.
- (1) Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626 S. 274 D.; (2) Orne, zit. b. Hecker, Prakt. Arzneimittell. 1830, S. 84. (3) Hecker, vgl. 2). (4) Dragendorff, Die Heilpfl. d. versch. Völker u. Zeiten, S. 499. (5) Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d, dtsch. Arzneipfl., S. 238. (6) Leclerc, Précis de Phytothéraie. S. 153. (7) Heinigkes Handb. der hom. Arzneiwirkungsl., S. 304. (8) Stieger, Z. Physiol. Chem., 89, 245, 1913 (C. C. 1913, II, 1230) (9) O. Geßner, Die Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, S. 223, Heidelberg 1931.
Landwirtschaftliche Nutzung
Hegi 1926, S. 1452f.: »Heracleum Sphondylium, die Gemeine Bärenklau, ist (namentlich in der typischen Unterart austrále) ein verbreitetes, oft lästiges Kraut der Fett-, Wässer- und Frischwiesen (siehe pag. 1429), das allerdings erst nach der Heuernte — vor dem zweiten Schnitt (Grummet, Emd) — zur Blüte gelangt und dann einen bezeichnenden Aspekt erzeugt. Durch einseitige Stickstoffdüngung (Jauche, Stallmist) wird das Wachstum sehr gefördert. Nur in höheren Lagen blüht die Bärenklau bereits im ersten Schnitt, gelegentlich gleichzeitig mit dem Wiesenkerbel, mit welchem — auch mit dem Berg-Kälberkropf — die Art übrigens viel gemeinsames hat. Die Pflanze entwickelt eine enorme Wachstumsenergie. Der dicke, vielköpfige Wurzelstock besitzt ein starkes Ausschlagsvermögen; die grossen, grundständigen Blätter verdrängen durch Beschattung alle guten Wiesengräser und Kräuter und setzen dadurch den Ertrag der Wiesen herab. Bis zum ersten Schnitt bildet die Pflanze ein ordentliches Milch- und Grünfutter; doch schrumpfen die Blätter beim Dörren zusammen und zerbröckeln zu Pulver. Aus diesem Grunde werden die Blätter mancherorts von Kindern aus dem Heu herausgelesen und grün verfüttert. Im zweiten Schnitt werden die kräftigen Stengel holzig und die Blätter grob; sie liefern ein geringes Heu, das zufolge des grossen Wassergehaltes schlecht trocknet und leicht schimmlig wird. Aus diesen Gründen wird die Bärenklau wie andere Doldenpflanzen — sie kann auf gedüngten Wiesen bis 80 % des Bestandes ausmachen — durch verschiedene Massnahmen zu bekämpfen gesucht, so durch öfteres Abschneiden vor der Samenreife und durch Beweiden während des Sommers, durch einen Wechsel in der Düngung (statt Jauche Thomasmehl und Superphosphat), durch Ausstechen der Wurzelstöcke (zu kostspielig) oder durch Begiessen der Schnittstellen mit Petroleum. Stebler erwähnt, dass durch die Sommerweide die Bärenklau auf einer Wiese auf dem Baurenboden-Fischenthal (Zürcher Oberland) beinahe völlig vertrieben wurde.
Naturspielzeug
Hegi 1926, S. 1452f. Verbreitet ist die Verwendung der hohlen Stengel als Spielzeug für Kinder (für Spritzen, Pfeifen u. dgl.).
Süßspeise
Braune (Bd.1, 1797), Nr. 261: „Gebrauch […] Das Mark der jungen Stengel, und der Blattstiele ist süß, und wird daher von den gilanschen Perſern, und Kamtschadalen, nach abgeschälter Rinde, gegessen; auch bereiten sie blos durchs Trocknen, und Ausklopfen eine Art von Zucker daraus“
Schkuhr (Bd.1, 1808), S.202 Die Kamſchadalen ſpeiſen die Stiele der Wurzelblätter, und bereiten einen Zucker daraus;
Baxter (British Phaenogamous Botany, Bd.2, 1835), Nr. 130 GEMLIN informiert uns (in seiner Flora Siberica), dass die Einwohner von Kamtschatka etwa Anfang Juli die Stiele der radikalen Blätter sammeln und sie nach dem Abschälen der Rinde (die sehr beißend ist) einzeln in der Sonne trocknen und dann in Bündeln zusammenbinden und vorsichtig im Schatten aufstellen; während des Trocknungsprozesses werden sie mit einer zuckerhaltigen Ausblühung bedeckt, die als große Delikatesse gilt. […] Man hat versucht, aus dieser Pflanze, die die Kamschatker Ratsch (süßes Kraut) nennen, Zucker herzustellen, aber 40 Pfund der getrockneten Stängel brachten nur ein Viertelpfund Zucker hervor.
Spach (Bd. 10, 1839), S.172: Die Zellsubstanz des Stammes und der jungen Triebe hat dagegen einen süßen Geschmack; […]
Dietrich (Bd.10, 1842), Tafel 706: In Kamtschatka und Persien werden die entrindeten Blattstiele gegessen, welche einen süſsen Geschmack haben, wenn sie einige Zeit liegen, beschlagen sie mit einem Zuckermehl, was abgeklopft und in Ruſsland wie Zucker angewendet wird.
Hegi 1926, S. 1452f. In Kamtschatka und Persien werden Stengel und Blattstiele von verwandten Arten (in ersterm Lande wohl H. dulce Fischer; s. pag. 1422) […] auch Zucker (man trocknete die Stengel und klopfte die Zuckereffloreszenz ab) […] daraus hergestellt.
Unkraut
Schkuhr (Bd.1, 1808), S.202 Auf Wieſen und unter dem Heu iſt dieſe Pflanze wegen ihrer Härte ein Unkraut.
Boswell u.a. (English Botany Bd. 4, 1877), S.154f. Dies ist eine unserer üblichen Wegbegleitpflanzen, die wirklich sinnvoll eingesetzt werden könnte, wenn unsere Bauernschaft besser über die Natur und die Eigenschaften der sie umgebenden wilden Vegetation informiert wäre. Im Allgemeinen wird er lediglich als ein schädliches Unkraut betrachtet […]
Vergärung
Braune (Bd.1, 1797), Nr. 261: „Gebrauch. […] Das Mark der jungen Stengel, und der Blattstiele […] wird […] nach abgeschälter Rinde, gegessen; auch bereiten sie blos durchs Trocknen, und Ausklopfen eine Art von Zucker daraus ſo, wie vermittelſt der Gährung einen starken Geist.“
Sinclair & Friedrich - Hortus Gramineus Woburnensis (1826), S. 402: Gmelin ſagt, die Ruſſen bereiten ein geiſtiges Getränk aus den Stengeln, welche ſie im Waſſer mit Vaccinium uliginosum gähren laſſen
Baxter (British Phaenogamous Botany, Bd.2, 1835), Nr. 130 In Polen und Litauen wird aus den so zubereiteten Stängeln eine Biersorte gebraut, und wenn sie mit Heidelbeeren (Vaccinium uliyinosum) vermischt und vergoren werden, destillieren die Russen daraus eine Spirituose, die laut GEMLIN geschmacklich angenehmer ist als die aus Mais gewonnene.
Spach (Bd. 10, 1839), S.172: [Aus der] Zellsubstanz des Stammes und der jungen Triebe [sind] die Einwohner Kamtschatkas […] es gewohnt, daraus ein alkoholisches Getränk zu destillieren.
Dietrich (Bd.10, 1842), Tafel 706: In Polen und Lithauen wird aus den Blättern durch Gährung ein säuerliches Getränk bereitet, was unter dem Namen Barsz bekannt ist.
Boswell u.a. (English Botany Bd. 4, 1877), S.154f. In Sibirien und Russland werden die Stängel in der Sonne getrocknet […] Aus den so zubereiteten Stängeln wird eine Spirituose destilliert, indem man sie zunächst mit Wasser fermentiert und entweder Heidelbeeren mit ihnen vermischt oder nicht. Gmelin sagt, diese Spirituose sei geschmacklich angenehmer als Maisbranntwein.
Masclef (Bd.1, 1891), S.113 Der von seiner scharfen Rinde befreite Stängel enthält Zucker und kann durch Gärung Alkohol ergeben; in Polen und Litauen wird daraus eine Art Bier (parst) hergestellt, das von den armen Bevölkerungsschichten konsumiert wird.
Hegi 1926, S. 1452f. […] Aus den in Wasser gekochten Blättern und Früchten wurde ehedem in slawischen Ländern mit Zusatz von etwas Sauerteig ein alkoholisches Getränk („Bartsch“)²) hergestellt, das von Armen statt Bier getrunken wurde; auch in Nord-Frankreich wird aus der Pflanze ein Likör gewonnen. […] In Kamtschatka und Persien werden Stengel und Blattstiele von verwandten Arten (in ersterm Lande wohl H. dulce Fischer; s. pag. 1422) […] auch […] ein Branntwein daraus hergestellt. In Litauen und Polen soll die Wurzel als Gesundheitszusatz zu Landbieren dienen.
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- ²) Daher auch der Name „Bartsch“ für die Pflanze (siehe pag. 1428). Vgl. Hartwich, C. Ueber alkoholische Getränke aus dem Bärenklau. Apotheker-Zeitung. Bd. XXVI (1911), pag. 703; Referat im Bot. Zentralblatt 1911, II, p. 605.
Madus (Bd.1, 1938), S. 1544: Im Osten wird der Bärenklau von den Litauern und Polen schon seit langem zur Herstellung von einer Art Bier benutzt.
Wespenfänger
Madus (Bd.1, 1938), S. 1544: Er kann auch als natürlicher Wespenfänger bezeichnet werden, denn sein Blütenhonig berauscht die Wespen so stark, daß sie kaum noch fliegen können und meist zur Erde fallen, wenn man sie von der Blüte entfernt.
Wildgemüse- und Gewürzpflanze
Schkuhr (Bd.1, 1808), S.202 » … Stiele der Wurzelblätter … werden auch anderwärts noch weiter und in unſern Gegenden von ärmern Leuten die jungen Blätter als Kohl genützt.
Baxter (British Phaenogamous Botany, Bd.2, 1835), Nr. 130 Die jungen Triebe bilden, wenn sie gekocht werden, ein zartes, spargelähnliches Gemüse.
Spach (Bd. 10, 1839), S.172: Die Zellsubstanz des Stammes und der jungen Triebe [wird] im Norden […] als grünes Gemüse verwendet
Boswell u.a. (English Botany Bd. 4, 1877), S.154f. Die von ihrer etwas beißenden Rinde abgelösten Stängel sind essbar und werden in einigen Teilen des asiatischen Russlands als Nahrungsmittel verwendet. […] Die jungen Triebe und Blätter können gekocht und als grünes Gemüse gegessen werden, und wenn sie gerade aus dem Boden sprießen, ähneln sie im Geschmack dem Spargel. Dieses Experiment wird jedoch aufgrund der Unwissenheit derer, für die eine solche Zugabe auf den Tisch ein Vorteil und Luxus wäre, nur selten durchgeführt.
Masclef (Bd.1, 1891), S.113 Aromatische Früchte ersetzen manchmal die von Angelika.
Hegi 1926, S. 1452f. Die Wurzel ist als Gemüse geniessbar; doch kann sie, besonders wenn sie an einem nassen Standort gewachsen ist, unter Umständen gesundheitsschädlich wirken.
Madus (Bd.1, 1938), S. 1544ff.: Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
- […] Polen: Als Wildgemüse.
- S. 81 »Äußerst bekömmlich sind die Blütensprosse während des Schiebens vom Wiesen-Bärenklau und Wiesen-Kerbel sowie Echt- und Wild-Engelwurz (Heracleum sphondylium, Anthriscus sylvestris, Angelica archangelica, A. sylvestris)
- S. 92: »Als ausgezeichnetes Kochgemüse galten die Blätter und jungen Stängel von Wiesen-Bärenklau und Wiesen-Kerbel (Heracleum sphondylium sowie alle Unterarten, Anthriscus sylvestris) sowie Pastinak (Pastinaca sativa) und Venuskamm (Scandix pecten-veneris).«
- S. 96: »Die ölreichen, blutreinigenden, verdauungs- und leberanregenden Samen (im unreifen, grünen und reifen Zustand) wurden vom Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium) in Kärnten, Ost- und Südtirol und anderen Regionen von Kindern gegessen oder für verschiedene Gerichte als Würzmittel in größeren Mengen genossen.«
- S. 106: »In Suppen kochte man die Wurzeln von Bärenklau (Heracleum spec.) mit oder genoss sie als Gemüse. In ähnlicher Weise nutze man ebenso den Österreich-Bärenklau (Heracleum austriacum)«